Weil sie Deutsche sind – Das Massaker von Deutsch-Brod 

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  1. November 2025

Im Mai 1945, unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, ereignete sich in der tschechischen Stadt Deutsch-Brod (heute Havlíčkův Brod) ein kaum bekanntes, aber zutiefst erschütterndes Verbrechen: etwa 500 deutsche Zivilisten wurden ermordet, allein aufgrund ihrer Herkunft. Dieses Massaker steht exemplarisch für die Gewaltwelle, die sich in den letzten Kriegstagen und unmittelbar danach gegen die deutsche Bevölkerung in Böhmen und Mähren richtete. 

Historischer Hintergrund 

Nach der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 herrschte in vielen Teilen der Tschechoslowakei ein rechtsfreier Zustand. Der tschechische Widerstand, Partisanen und aufgebrachte Bürger begannen, sich an den verbliebenen Deutschen zu rächen – unabhängig davon, ob diese NS-Verbrechen begangen hatten oder nicht. Die allgemeine Stimmung war geprägt von Hass, Vergeltung und dem Wunsch nach nationaler Reinigung. 

In Deutsch-Brod lebten zu diesem Zeitpunkt zahlreiche deutsche Zivilisten, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen. Viele waren bereits auf der Flucht oder hatten sich in der Stadt verschanzt, in der Hoffnung, von den heranrückenden Alliierten geschützt zu werden. 

Das Massaker 

Laut Berichten von Zeitzeugen und historischen Untersuchungen wurden die deutschen Bewohner von Deutsch-Brod systematisch zusammengetrieben. In improvisierten Lagern – unter anderem in Schulen und Turnhallen – wurden sie festgehalten, misshandelt und schließlich ermordet. Die Zahl der Opfer wird auf etwa 500 Menschen geschätzt. Die Leichen wurden in Massengräbern verscharrt, viele ohne Identifikation. 

Die Täter waren nicht ausschließlich Mitglieder des Widerstands, sondern auch einfache Bürger, die sich der allgemeinen Gewaltstimmung hingaben. Historiker wie Jiří Padevět beschreiben diese Phase als eine Zeit, in der „Verbrechen ganz normal wurden“. Die Gewalt war nicht organisiert, sondern spontan, brutal und oft von persönlichen Motiven getrieben. 

Aufarbeitung und Erinnerung 

Bis heute ist das Massaker von Deutsch-Brod in der tschechischen und deutschen Erinnerungskultur kaum präsent. Erst in den letzten Jahren begannen Historiker, sich intensiver mit den Verbrechen an Deutschen nach 1945 auseinanderzusetzen. Die tschechische Gesellschaft hat lange gebraucht, um sich dieser dunklen Seite ihrer Geschichte zu stellen. 

Der Prager Historiker Jiří Padevět spricht offen über die Gräueltaten und fordert eine differenzierte Betrachtung: Gewalt sei kein nationales Merkmal, sondern Ausdruck individueller Entscheidungen. Auch der Prager Aufstand und die chaotischen Zustände im Mai 1945 trugen zur Eskalation bei. 

Quellen 

 

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