Katastrophen der Menschheit: Brand des Edifício Joelma-Hochhauses am 01.02.1974/San Paulo

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Der 1. Februar 1974 war ein schwarzer Tag in der Geschichte von São Paulo, der größten Stadt Brasiliens. An diesem Tag brach in einem 25-stöckigen Hochhaus namens Edifício Joelma ein verheerendes Feuer aus, das mindestens 179 Menschen das Leben kostete und Hunderte weitere verletzte. Es war eine der schlimmsten Brandkatastrophen in Südamerika und eine Tragödie, die durch menschliches Versagen und mangelnde Sicherheitsvorkehrungen verursacht wurde.

Das Edifício Joelma wurde 1972 fertiggestellt und bestand aus sechs Parkhaus-Etagen und 19 Büro-Etagen. Das Gebäude war modern und luxuriös, aber es hatte keine Feuermeldeanlage, keine Sprinkler, keine Brandschutztüren und nur ein Treppenhaus. Außerdem waren die Büromöbel und die Klimaanlagen aus leicht brennbaren Materialien wie Kunststoff, Gummi und Holz gefertigt. Das Gebäude wurde hauptsächlich von einer Bankgesellschaft namens Banco Crefisul de Investimentos genutzt, die zu diesem Zeitpunkt noch ihre Abteilungen dorthin verlegte.

Der Brand brach um 8:50 Uhr morgens im 12. Stockwerk aus, als ein Klimagerät überhitzte und einen Kurzschluss verursachte. Das Klimagerät war illegal angeschlossen und hatte keinen Motorschutzschalter, der es bei Überhitzung abgeschaltet hätte. Das Feuer griff schnell auf die gesamte Etage über und breitete sich über das Treppenhaus nach oben und unten aus. Die rund 750 Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt im Gebäude befanden, wurden von dem Rauch und den Flammen überrascht. Es gab keine Feuerwarnung und keine Evakuierungspläne. Viele wussten nicht, wo der Notausgang war oder wie sie ihn erreichen konnten.

Die Feuerwehr wurde erst 15 Minuten nach dem Ausbruch des Feuers von einem gegenüberliegenden Gebäude aus alarmiert. Die ersten Einsatzkräfte trafen fünf Minuten später ein, konnten aber nur bis zum 11. Stockwerk vordringen. Die Drehleitern reichten nicht höher als bis zum 15. Stockwerk. Die Feuerwehr war mit dem Ausmaß des Brandes überfordert und hatte nicht genug Ausrüstung und Personal.

Einige Menschen versuchten, sich mit den Aufzügen zu retten, was ein großes Risiko darstellte, da die Aufzüge nicht feuerfest waren und jederzeit stecken bleiben oder abstürzen konnten. Dennoch gelang es etwa 300 Menschen auf diese Weise zu entkommen. Eine davon war eine einjährige Tochter einer Frau, die aus dem 15. Stockwerk sprang und dabei ihr Kind schützte.

Andere Menschen flüchteten auf das Dach des Gebäudes, in der Hoffnung, von Hubschraubern gerettet zu werden. Doch die Rettung aus der Luft war unmöglich, da es keine geeignete Landefläche gab und der Rauch und die Hitze die Sicht behinderten. Von den etwa 170 Menschen, die auf das Dach gelangten, überlebten nur 80, indem sie sich unter Dachziegeln versteckten.

Die verzweifeltste Situation erlebten die Menschen, die in den oberen Stockwerken eingeschlossen waren. Viele von ihnen machten an den Fenstern auf sich aufmerksam oder hielten Transparente mit Hilferufen hoch. Einige sprangen oder fielen aus dem Fenster in den Tod, obwohl Passanten versuchten, sie davon abzuhalten. Von den 40 Menschen, die sprangen oder fielen, überlebte keiner.

Das Feuer wurde erst nach vier Stunden unter Kontrolle gebracht. Die Bilanz war erschütternd: Mindestens 179 Tote, mehr als 300 Verletzte und ein zerstörtes Gebäude. Die meisten Opfer starben an Rauchvergiftung oder Verbrennungen.

Der Brand des Edifício Joelma wurde zu einem Symbol für die Nachlässigkeit und die Korruption in Brasilien. Es stellte sich heraus, dass das Gebäude nicht den geltenden Brandschutzvorschriften entsprach und dass es keine regelmäßigen Inspektionen gab. Außerdem wurde bekannt, dass das Klimagerät, das den Brand auslöste, illegal angeschlossen war und keinen Motorschutzschalter hatte.

Die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer forderten Gerechtigkeit und Entschädigung. Ein Gerichtsprozess gegen die Verantwortlichen des Gebäudes dauerte mehr als zehn Jahre und endete mit einem Freispruch. Die Feuerwehr wurde für ihr unzureichendes Handeln kritisiert und reformiert. Das Gebäude wurde in vier Jahren wieder aufgebaut und in Praça da Bandeira umbenannt. Es erhielt eine Gedenktafel und eine Kapelle für die Opfer.

Der Brand des Edifício Joelma bleibt bis heute eine der schrecklichsten Katastrophen der Menschheit. Er zeigt, wie wichtig es ist, die Sicherheit von Menschenleben über wirtschaftliche Interessen zu stellen und wie verheerend die Folgen von Fahrlässigkeit und Ignoranz sein können.

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