Katastrophen der Menschheit:  Brand im Nachtclub COLECTIV/Bukarest am 30.10.2015

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Am 30. Oktober 2015 ereignete sich eine der schlimmsten Tragödien in der Geschichte Rumäniens. Im Nachtclub Colectiv in Bukarest brach ein Feuer aus, das 64 Menschen das Leben kostete und 147 weitere schwer verletzte. Das Feuer wurde durch eine nicht genehmigte Pyrotechnikshow ausgelöst, die während eines Konzerts der Metalcore-Band Goodbye to Gravity stattfand. Der Nachtclub erfüllte nicht die grundlegenden Sicherheitsvorschriften und hatte nur einen Ausgang, der von den panischen Gästen gestürmt wurde.

Der Hergang des Unglücks

Es war ein Freitagabend und der Nachtclub Colectiv war voller junger Leute, die gekommen waren, um das neue Album von Goodbye to Gravity zu hören. Die Band war bekannt für ihre energiegeladenen Shows und ihre Kritik an der politischen Korruption in Rumänien. Gegen 22:30 Uhr begann die Band, ihren Song “The Day We Die” zu spielen, der mit den Zeilen “We’re going down in history / For the wrong reasons” beginnt.

Plötzlich schossen Feuerwerkskörper von der Bühne und entzündeten eine Säule, die mit einem brennbaren Schaumstoff verkleidet war. Die Flammen breiteten sich schnell auf die Decke und die Wände aus, die ebenfalls mit dem Schaumstoff bedeckt waren. Der Rauch füllte den Raum und machte das Atmen schwer. Die Bandmitglieder versuchten noch, die Menschen zu beruhigen, aber es war zu spät. Die Gäste rannten in Richtung des einzigen Ausgangs, der sich hinter der Bar befand. Viele wurden niedergetrampelt oder erstickten an dem Rauch.

Unter den Opfern waren vier der fünf Bandmitglieder von Goodbye to Gravity, sowie andere bekannte Persönlichkeiten aus der rumänischen Musik- und Medienszene. Viele Überlebende erlitten schwere Verbrennungen und mussten in andere europäische Länder zur Behandlung geflogen werden.

Die Reaktionen auf die Katastrophe

Die Brandkatastrophe in Bukarest löste eine Welle der Trauer und der Wut in Rumänien aus. Tausende von Menschen versammelten sich vor dem Nachtclub Colectiv, um Kerzen anzuzünden und Blumen niederzulegen. Staatspräsident Klaus Iohannis besuchte den Ort des Unglücks und drückte sein Beileid aus. Er sagte, es sei ein “sehr trauriger Moment für unsere Nation” und forderte eine gründliche Untersuchung.

Die Ermittlungen ergaben, dass der Nachtclub Colectiv keine Genehmigung für die Pyrotechnikshow hatte und dass die Feuerlöscher nicht funktionierten. Außerdem hatte der Nachtclub keine Brandschutzanlage und keine Notausgänge. Die Betreiber des Nachtclubs wurden festgenommen und wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Die Katastrophe löste auch massive Proteste gegen die Regierung aus, die für ihre Korruption und Inkompetenz kritisiert wurde. Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Premierminister Victor Ponta, der bereits wegen Betrugs angeklagt war, sowie von anderen Politikern und Beamten. Am 4. November gab Ponta seinen Rücktritt bekannt und sagte: “Ich hoffe, dass durch meinen Rücktritt das Leid der Menschen gelindert wird.”

Der Pharmaskandal um verdünnte Desinfektionsmittel

Als ob die Brandkatastrophe nicht schlimm genug gewesen wäre, kam es im Jahr 2016 zu einem weiteren Skandal, der viele Leben kostete. Ein mutiger Journalist namens Cătălin Tolontan deckte auf, dass der führende rumänische Pharmahersteller Hexi Pharma die Desinfektionsmittel, die er an Krankenhäuser lieferte, bis zur Wirkungslosigkeit verdünnt hatte. Dadurch wurden viele Patienten mit multiresistenten Keimen infiziert, die zu schweren Komplikationen und zum Tod führten.

Unter den Opfern waren auch viele Überlebende der Brandkatastrophe in Bukarest, die in den Krankenhäusern behandelt wurden. Die Ermittlungen ergaben, dass Hexi Pharma seit Jahren die Desinfektionsmittel verdünnte und damit Millionen von Euro verdiente. Der Geschäftsführer von Hexi Pharma, Dan Condrea, wurde ebenfalls angeklagt, starb aber kurz darauf bei einem mysteriösen Autounfall.

Der Pharmaskandal löste erneut Proteste gegen das Gesundheitssystem und die Regierung aus, die von der Bevölkerung als korrupt und unfähig angesehen wurden. Viele Menschen verloren das Vertrauen in die Institutionen und forderten eine Reform.

Der Prozess gegen die Verantwortlichen

Der Prozess gegen die Verantwortlichen für die Brandkatastrophe in Bukarest begann im Jahr 2017 und dauerte mehr als vier Jahre. Am 16. Dezember 2020 verkündete das Gericht das Urteil: Die drei Betreiber des Nachtclubs Colectiv wurden zu jeweils 11 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Der Pyrotechniker, der die Feuerwerkskörper gezündet hatte, wurde zu 12 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Der Bürgermeister des Bezirks, in dem sich der Nachtclub befand, wurde zu 8 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Weitere neun Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen 2 und 10 Jahren.

Das Urteil wurde von vielen als gerecht empfunden, aber auch als zu spät. Viele Angehörige der Opfer sagten, dass sie immer noch unter dem Verlust ihrer Lieben leiden und dass kein Urteil ihre Schmerzen lindern kann. Sie forderten auch, dass die Verantwortlichen für den Pharmaskandal zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Brandkatastrophe im Nachtclub Colectiv war ein Wendepunkt in der rumänischen Geschichte. Sie zeigte die gravierenden Mängel im Sicherheits- und Gesundheitssystem auf und rüttelte die Gesellschaft auf. Sie inspirierte auch viele Menschen, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen und ihre Stimme zu erheben.

Quellen

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