Katastrophen der Menschheit: Zugunglück von Hannover – Linden am 22.06.1969

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Der Tag, an dem Linden in Flammen stand: Das Zugunglück von 1969

Es war ein Sonntagmorgen wie jeder andere. Die Menschen in Hannover-Linden bereiteten sich auf einen ruhigen Tag vor. Doch plötzlich erschütterte eine gewaltige Explosion den Stadtteil. Ein Güterwagen mit Munition für die Bundeswehr war im Bahnhof in Brand geraten und explodiert. Zwölf Menschen starben, dreißig weitere wurden verletzt. Es war das schwerste Zugunglück in der Geschichte Niedersachsens.

Der Unglückszug war ein Durchgangsgüterzug, der vier Wagen mit je 216 Granaten vom Kaliber 17,5 cm für das Selbstfahrgeschütz M107 transportierte. Der Wagen, der die Katastrophe auslöste, gehörte der Belgischen Staatsbahn (SNCB). Gegen 8 Uhr bemerkte ein Streckenposten auf freier Strecke bei Vorbeifahrt des Zuges, dass ein Wagen Funken versprühte. Er vermutete eine festgeklemmte Bremse und meldete dies an die nächsten Dienststellen.

Der Zug wurde im Bahnhof Hannover-Linden angehalten. Hier brannte der Wagenboden bereits. Zu diesem Zeitpunkt wusste dort niemand, dass der Zug Gefahrgut geladen hatte. Ein Mitarbeiter des Güterbahnhofs besorgte Feuerlöscher, die Feuerwehr wurde alarmiert, ein anderer löste die Kupplung hinter dem brennenden Wagen und ließ den Zug etwas vorziehen, ein dritter begab sich mit dem Zugführer zur Lokomotive, um die Frachtbriefe einzusehen.

Als sie dort sahen, was der brennende Wagen geladen hatte, informierten sie sofort den Fahrdienstleiter über eine Sprechsäule. Dieser warnte sofort über das Lautsprechersystem des Bahnhofs alle Mitarbeiter. Ein Bundesbahnbeamter lief dem gerade eintreffenden Löschzug 4 der Feuerwehr Hannover entgegen, um ihn zu warnen. In diesem Moment explodierten die Granaten; dies verursachte einen Krater von 15 Metern Durchmesser.

Die Feuerwehrfahrzeuge standen parallel zur Eisenbahnstrecke; die Explosion traf sie auf ihrer ganzen Seitenfläche. Lediglich ein Fahrzeug war teilweise durch eine Lagerhalle gedeckt. Die Gleise und die Oberleitung wurden schwer beschädigt. Ein Autotransportzug, der im Bahnhof stand, kippte teilweise um. In der Umgebung kam es an Fahrzeugen und Lagerhallen zu Bränden. Noch in drei Kilometern Entfernung wurden Splitter gefunden und Scheiben zerstört.

Zwölf Menschen starben, darunter vier Bahnbeamte und acht Feuerwehrmänner. Sie hatten keine Chance, sich zu retten. Viele von ihnen waren junge Familienväter. Ihre Namen sind auf einer Gedenktafel am Unglücksort verewigt. Dreißig weitere Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Die Anwohner standen unter Schock und trauerten um die Opfer.

Das Zugunglück von Linden war nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern auch ein politischer Skandal. Wie konnte es sein, dass Munition für die Bundeswehr ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen transportiert wurde? Warum wurden die Gefahren nicht rechtzeitig erkannt und gemeldet? Wer trug die Verantwortung für den Unfall? Diese Fragen beschäftigten die Öffentlichkeit und die Justiz lange Zeit.

Eine Untersuchungskommission stellte fest, dass der Brand durch einen Kurzschluss in der elektrischen Beleuchtung des Wagens ausgelöst wurde. Die Munition war nicht ausreichend gesichert und isoliert worden. Die Frachtbriefe waren unvollständig und unklar formuliert worden. Die Bahnmitarbeiter hatten nicht genug geschult und informiert worden.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen mehrere Personen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Der Prozess zog sich über mehrere Jahre hin. Am Ende wurden einige Angeklagte zu Bewährungsstrafen verurteilt, andere freigesprochen. Die Hinterbliebenen der Opfer erhielten Entschädigungen von der Bundesbahn und der Bundeswehr.

Das Zugunglück von Linden hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der Stadt Hannover eingeprägt. Es war ein Ereignis, das die Menschen zusammenrücken ließ, aber auch ihr Vertrauen in die Sicherheit der Eisenbahn erschütterte. Es war ein Tag, an dem Linden in Flammen stand.

Quellen:

  • Eisenbahnunfall von Linden – Wikipedia

  • Liste von Eisenbahnunfällen in Deutschland – Wikipedia

  • Linden-Limmer – Wikipedia

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