Katastrophen der Menschheit:  Zugunglück von Radevormwald am 27.05.1971

Lesezeit 4 minutes

Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Der Zugunglück von Radevormwald: Eine Schulfahrt mit tödlichem Ende

Es sollte ein schöner Abschluss eines Schuljahres werden. Eine eintägige Fahrt nach Bremen, um die Stadt und den Hafen zu erkunden. 63 Schüler der Klassen 9b und c der Geschwister-Scholl-Hauptschule in Radevormwald freuten sich auf diesen Ausflug. Begleitet wurden sie von drei Lehrern und einer Mutter. Sie ahnten nicht, dass dieser Tag ihr letzter sein würde.

Am 27. Mai 1971 stiegen sie morgens um 5:30 Uhr in einen Zug nach Wuppertal, um dort in einen anderen Zug nach Bremen umzusteigen. Sie verbrachten einen fröhlichen Tag in der Hansestadt, besuchten das Überseemuseum, machten eine Hafenrundfahrt und bummelten durch die Altstadt. Um 16:30 Uhr traten sie die Rückfahrt an.

In Wuppertal wartete ein Sonderzug auf sie, ein sogenannter Schienenbus, den die Bundesbahn extra für die Fahrt nach Radevormwald bereitgestellt hatte. Der Schienenbus bestand aus einem Triebwagen und einem Beiwagen und hatte Platz für 71 Fahrgäste. Die Schüler verteilten sich auf die beiden Waggons und machten es sich bequem.

Der Sonderzug fuhr auf der eingleisigen Strecke der Wuppertalbahn, die durch das idyllische Wuppertal führte. Die Fahrt sollte etwa eine halbe Stunde dauern. Doch der Sonderzug hatte Verspätung. Er war erst um 21:15 Uhr in Beyenburg abgefahren, statt wie geplant um 20:45 Uhr.

Die Verspätung hatte Folgen für den Fahrplan. Auf der Strecke war auch ein Güterzug unterwegs, der von Radevormwald nach Wuppertal fuhr. Er wurde von einer Diesellokomotive gezogen und hatte 24 Waggons mit Kohle beladen. Er sollte eigentlich in Beyenburg auf den Sonderzug warten, um ihn passieren zu lassen. Doch wegen der Verspätung des Sonderzugs wurde die Zugkreuzung kurzfristig nach Dahlerau verlegt, einem Ortsteil von Radevormwald.

Die Zugkreuzung wurde zwischen den Fahrdienstleitern von Beyenburg und Dahlerau telefonisch abgesprochen. Der Fahrdienstleiter von Dahlerau sollte den Güterzug in seinem Bahnhof aufhalten, bis der Sonderzug eingetroffen war. Dann sollte er beide Züge weiterfahren lassen.

Der Fahrdienstleiter von Dahlerau hatte nur wenig Zeit, um die Zugkreuzung vorzubereiten. Er musste das Einfahrsignal seines Bahnhofs auf “Fahrt” stellen, damit der Güterzug einfahren konnte. Er musste auch ein Haltesignal am Bahnsteig aufstellen, damit der Güterzug dort anhielt. Er musste außerdem eine Signalkelle bereithalten, um dem Güterzug die Weiterfahrt zu erlauben, wenn der Sonderzug angekommen war.

Der Fahrdienstleiter von Dahlerau machte alles richtig. Er stellte das Einfahrsignal auf “Fahrt”, er stellte das Haltesignal am Bahnsteig auf und er hielt die Signalkelle in der Hand.

Doch er machte einen fatalen Fehler. Er vergaß, den Lokführer des Güterzugs über die Zugkreuzung zu informieren.

Der Lokführer des Güterzugs wusste nichts von dem Sonderzug. Er wusste nur, dass er nach Wuppertal fahren sollte. Er sah das Einfahrsignal auf “Fahrt” stehen und fuhr langsam in den Bahnhof von Dahlerau ein. Er sah auch das Haltesignal am Bahnsteig stehen, aber er beachtete es nicht.

Er dachte, dass das Haltesignal nur für Personenzüge galt, nicht für Güterzüge. Er dachte auch, dass der Fahrdienstleiter ihm die Weiterfahrt erlauben würde, wie es üblich war. Er sah den Fahrdienstleiter mit der Signalkelle winken, aber er verstand das Signal falsch.

Er dachte, dass der Fahrdienstleiter ihm die Weiterfahrt erlaubte, nicht die Anhaltung. Er beschleunigte die Lokomotive und fuhr weiter.

Der Fahrdienstleiter von Dahlerau war entsetzt. Er sah, wie der Güterzug an ihm vorbeifuhr, ohne anzuhalten. Er schrie und winkte mit der Signalkelle, aber es war zu spät. Er konnte den Güterzug nicht mehr aufhalten.

Er griff zum Telefon und rief den Fahrdienstleiter von Beyenburg an. Er sagte ihm, dass der Güterzug nicht angehalten hatte und dass er mit dem Sonderzug kollidieren würde. Er sagte ihm, dass er den Sonderzug warnen sollte, aber es war zu spät.

Der Sonderzug war schon auf dem Weg nach Dahlerau. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 km/h. Der Triebfahrzeugführer sah nichts von dem Güterzug. Er sah nur die Dunkelheit und den Regen.

Um 21:23 Uhr kam es zu dem schrecklichen Zusammenstoß.

Der Güterzug rammte den Sonderzug frontal. Der Triebwagen des Sonderzugs wurde auf ein Drittel seiner Länge zusammengestaucht. Der Beiwagen wurde vom Triebwagen abgerissen und zur Seite geschleudert. Die Lokomotive des Güterzugs wurde aus den Gleisen gehoben und landete neben dem Beiwagen.

Die Waggons des Güterzugs entgleisten und stapelten sich hinter der Lokomotive auf.

Es war ein Bild des Grauens.

Die meisten Menschen im Sonderzug hatten keine Chance zu überleben. Sie wurden durch die Wucht des Aufpralls getötet oder eingeklemmt. Nur wenige konnten sich aus dem Wrack befreien oder wurden von Helfern gerettet.

Die Menschen im Güterzug hatten mehr Glück. Sie wurden zwar verletzt, aber nicht lebensgefährlich. Sie konnten aus der Lokomotive klettern oder wurden von Helfern befreit.

Die Rettungsaktion wurde durch das schlechte Wetter und die abgelegene Lage erschwert. Die Feuerwehr, die Polizei, das Rote Kreuz und andere Helfer kamen so schnell wie möglich zum Unfallort. Sie mussten sich durch das unwegsame Gelände kämpfen und die Trümmer beseitigen. Sie mussten die Verletzten versorgen und die Toten bergen.

Die Rettungsaktion dauerte die ganze Nacht.

Am nächsten Morgen wurde das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar.

46 Menschen waren bei dem Zugunglück gestorben, davon 41 Schüler der Geschwister-Scholl-Hauptschule. Sie waren zwischen 14 und 16 Jahre alt. Sie hatten ihr ganzes Leben noch vor sich.

25 Menschen waren bei dem Zugunglück verletzt worden, davon 22 Schüler der Geschwister-Scholl-Hauptschule. Sie hatten schwere körperliche und seelische Verletzungen erlitten.

Das Zugunglück von Radevormwald war das schwerste Eisenbahnunglück in der Geschichte der Deutschen Bundesbahn. Es war auch eines der schwersten Schulunglücke in der Geschichte Deutschlands.

Das Zugunglück von Radevormwald erschütterte die ganze Nation.

Die Menschen trauerten um die Opfer und ihre Angehörigen. Sie fragten sich, wie es zu dem Unglück kommen konnte und wer dafür verantwortlich war.

Die Regierung ordnete eine Untersuchung an und versprach Aufklärung und Gerechtigkeit.

Die Untersuchung ergab, dass das Zugunglück durch menschliches Versagen verursacht worden war.

Der Fahrdienstleiter von Dahlerau wurde für schuldig befunden, weil er den Lokführer des Güterzugs nicht über die Zugkreuzung informiert hatte.

Der Lokführer des Güterzugs wurde für schuldig befunden, weil er das Haltesignal am Bahnsteig missachtet hatte.

Beide wurden zu Haftstrafen verurteilt, die später zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Quellen:

  • Eisenbahnunfall von Radevormwald – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenbahnunfall_von_Radevormwald

  • Das Zugunglück von Radevormwald: Leben mit der Katastrophe – Eisenbahn-Romantik – SWR Fernsehen https://www.swrfernsehen.de/eisenbahn-romantik/folgen/wdr-zugunglueck-artikel-100.html

  • Radevormwald – Stadtnetz Damals: Zugunglück in Dahlerau https://www.stadtnetz-radevormwald.de/article9063.html

*****************************************************************************

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Haben Sie Fragen oder Anregungen?

Schreiben Sie eine Mail: admin@wahrheitschecker.de

Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!