Katastrophen der Menschheit: Zugunglück von Langenweddingen am 06.07.1967

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Der Tag, an dem die Hölle nach Langenweddingen kam

Es war ein heißer Sommertag im Jahr 1967. Ein Tag, der das Leben vieler Menschen für immer verändern sollte. Ein Tag, an dem eine kleine Ortschaft bei Magdeburg zum Schauplatz einer der schlimmsten Katastrophen in der Geschichte der deutschen Eisenbahn wurde.

Am 6. Juli 1967 fuhr der Personenzug P 852 von Magdeburg nach Thale. Er bestand aus einer Dampflokomotive, zwei Packwagen und acht Doppelstockwagen. In ihm saßen rund 250 Reisende, darunter 50 Kinder, die in ein Ferienlager im Harz fahren wollten. Eines dieser Kinder war die neunjährige Renate Förster, die zusammen mit ihrer älteren Schwester Angelika im ersten Wagen hinter der Lok Platz genommen hatte. Die beiden Mädchen freuten sich auf die Ferien, auch wenn Angelika lieber bei ihrer schwangeren Schwester Rosi geblieben wäre.

Der Zug näherte sich gegen 8 Uhr dem Bahnhof Langenweddingen, wo er einen beschrankten Bahnübergang passieren musste. Doch an diesem Morgen lief etwas schief: Eine der Schranken hatte sich in einem herabhängenden Telefonkabel verfangen und konnte nicht geschlossen werden. Der Schrankenwärter versuchte vergeblich, die Schranke zu befreien, während der Fahrdienstleiter das Einfahrtsignal für den Zug nicht zurücknahm. So kam es zu einem fatalen Missverständnis: Der Straßenverkehr glaubte, der Übergang sei frei, während der Zug glaubte, er dürfe einfahren.

Auf der Straße näherte sich von Norden ein Tanklastzug mit 15.000 Litern Leichtbenzin, der zum Gummiwerk in Ballenstedt unterwegs war. Er fuhr mit hoher Geschwindigkeit auf den Bahnübergang zu, ohne zu ahnen, dass ihm ein Zug entgegenkam. Aus der Gegenrichtung kam ein Lastwagen mit Busaufsatz und 34 Reisenden. Die Sichtverhältnisse waren schlecht, dichter Bewuchs behinderte die Sicht von der Straße auf die Bahnstrecke und umgekehrt.

Im letzten Moment sahen sich Zug und Tanklaster – doch es war zu spät. Der Lokführer leitete eine Notbremsung ein, aber er konnte den Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Der Tanklaster prallte mit voller Wucht gegen die Lokomotive und explodierte in einem gewaltigen Feuerball. Die Druckwelle schleuderte den Lastwagen mit Busaufsatz von der Straße und riss mehrere Versorgungsleitungen ab. Die Flammen griffen auf den ersten Packwagen und die vier Doppelstockwagen dahinter über. Die Insassen hatten keine Chance: Sie verbrannten bei lebendigem Leib oder erstickten an den giftigen Gasen.

Die Rettungskräfte standen vor einem Bild des Grauens: Der Zug war völlig ausgebrannt, überall lagen verkohlte Leichen und Trümmer. Die Feuerwehr hatte Mühe, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, da das Benzin immer wieder aufflammte. Die Überlebenden waren schwer traumatisiert und mussten medizinisch versorgt werden. Viele von ihnen hatten ihre Angehörigen oder Freunde verloren.

Der Eisenbahnunfall von Langenweddingen forderte 94 Todesopfer und 33 Verletzte. Er gilt als das schwerste Zugunglück der DDR, eines der schwersten in der Geschichte der deutschen Eisenbahn sowie als einer der folgenschwersten Gefahrgutunfälle in Deutschland überhaupt123. Unter den Toten waren auch Renate und Angelika Förster. Ihre Schwester Rosi erfuhr erst Stunden später von dem Unglück und brach zusammen. Sie verlor nicht nur ihre Schwestern, sondern auch ihr ungeborenes Kind.

Die Ursachen des Unglücks wurden später untersucht und aufgeklärt. Es stellte sich heraus, dass sowohl menschliches als auch technisches Versagen zu der Katastrophe geführt hatten. Der Schrankenwärter und der Fahrdienstleiter wurden zu Haftstrafen verurteilt, die Schrankenanlage wurde erneuert und die Sicherheitsvorschriften wurden verschärft. Doch das konnte die Trauer der Hinterbliebenen nicht lindern. Sie mussten mit dem Verlust ihrer Lieben leben und versuchen, weiterzumachen.

Bis heute erinnert ein Mahnmal an der Unfallstelle an die Opfer des Zugunglücks von Langenweddingen. Jedes Jahr am 6. Juli kommen Menschen zusammen, um der Toten zu gedenken und ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Sie legen Blumen nieder, zünden Kerzen an und halten inne. Sie wollen nicht vergessen, was an diesem Tag geschah – dem Tag, an dem die Hölle nach Langenweddingen kam.

Quellen:

1: Eisenbahnunfall von Langenweddingen – Wikipedia

2: Die Katastrophe von Langenweddingen – Volksstimme

3: Zugunglück von Langenweddingen – mdr.de

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