Kultur, Erlebnis und Vielfalt: Neues aus der Messerstadt Gießen vom 16.03.2024

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Wir leben in einer bunten Welt, in der wir jeden Tag Neues entdecken und erleben. Wir begegnen fremden Kulturen mit Neugier und Respekt, lernen von ihren Lebensweisen und künstlerischen Schätzen. Wir heißen Menschen aus anderen Ländern willkommen, weil wir sie als Bereicherung für unsere Gesellschaft sehen. Deutschland ist ein Land der Offenheit und des Miteinanders. Und wir werden auch den offen gelebten Neuerungen gegenüber aufgeschlossen bleiben.

Gießen ist eine Stadt in Hessen, die für ihre kulturelle Vielfalt, ihre lebendige Studentenszene und ihre historischen Sehenswürdigkeiten bekannt ist. Doch in den letzten Monaten wurde die Stadt auch Schauplatz von mehreren gewalttätigen Auseinandersetzungen, die die Sicherheit und das Zusammenleben der Bürger gefährden. Der jüngste Fall ereignete sich am 16. März 2024, als ein 41-jähriger Mann in der belebten Bahnhofstraße von einem Messerstecher lebensgefährlich verletzt wurde. Die Polizei fahndet noch immer nach einem der beiden Tatverdächtigen, der mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit gesucht wird12.

Was geschah an dem Tag?

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war es an einem Samstagvormittag gegen 11 Uhr zu einem Streit zwischen dem Opfer und den beiden Beschuldigten gekommen, die sich offenbar kannten. Die Auseinandersetzung eskalierte, als einer der Angreifer ein Messer zog und mehrmals auf den 41-Jährigen einstach. Der Mann erlitt zahlreiche Stichverletzungen im Oberkörper und im Gesicht und brach blutend auf dem Gehweg zusammen. Passanten alarmierten die Rettungskräfte, die den Schwerverletzten in ein Krankenhaus brachten, wo er notoperiert wurde. Er schwebte zunächst in Lebensgefahr, konnte aber mittlerweile stabilisiert werden12.

Die beiden Täter flüchteten vom Tatort, wurden aber von einer privat installierten Videokamera aufgezeichnet. Die Polizei veröffentlichte die Bilder und bat die Bevölkerung um Hinweise. Einige Tage später stellte sich einer der Beschuldigten, ein 28-jähriger Afghane, der in Gießen wohnt, bei der Polizei. Er gab zu, an dem Streit beteiligt gewesen zu sein, bestritt aber, das Messer geführt zu haben. Er wurde festgenommen, aber später gegen strenge Meldeauflagen wieder freigelassen. Der zweite Beschuldigte, ein 32-jähriger Mann mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit, ist noch immer auf der Flucht. Er wird wegen des Verdachts des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung per Haftbefehl gesucht12.

Was sind die Hintergründe der Tat?

Die genauen Hintergründe und Motive der Tat sind noch unklar. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen und schließt weder einen persönlichen Streit noch eine politische oder religiöse Dimension aus. Es ist auch nicht bekannt, ob die Tat etwas mit der Herkunft oder der Zugehörigkeit der Beteiligten zu tun hat. Gießen ist eine multikulturelle Stadt, in der Menschen aus verschiedenen Nationen, Kulturen und Religionen zusammenleben. Laut dem Statistischen Landesamt leben in Gießen rund 90.000 Einwohner, davon etwa 20 Prozent mit ausländischem Pass. Die größten Gruppen sind Türken, Afghanen, Syrer und Iraker3.

Die Stadt gilt als tolerant und weltoffen, aber auch als anfällig für Konflikte und Spannungen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu gewalttätigen Zwischenfällen, die teilweise einen ethnischen oder religiösen Hintergrund hatten. So wurden im Oktober 2023 zwei Männer aus dem Irak bei einer Schlägerei vor einer Shisha-Bar schwer verletzt. Im Dezember 2023 wurde ein 19-jähriger Syrer bei einem Streit in einer Flüchtlingsunterkunft erstochen. Im Januar 2024 wurde ein 27-jähriger Mann aus Gießen bei einer Messerstecherei in der Nähe des Bahnhofs notoperiert. Die Polizei vermutet, dass es sich bei allen Fällen um Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Gruppen handelt, die um Macht, Einfluss oder Drogen streiten .

Wie reagiert die Stadt auf die Gewalt?

Die Stadt Gießen ist besorgt über die zunehmende Gewalt und versucht, mit verschiedenen Maßnahmen dagegen vorzugehen. Der Oberbürgermeister Dietlind Grabe-Bolz verurteilte den Messerangriff vom 16. März als “abscheuliche Tat”, die “nichts mit unserer Stadt zu tun hat”. Er rief die Bürger auf, sich nicht von Angst oder Hass leiten zu lassen, sondern sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen. Er betonte, dass Gießen eine Stadt der Vielfalt sei, die von dem Austausch und dem Respekt zwischen den Kulturen lebe. Er forderte auch mehr Unterstützung von der Landes- und der Bundesregierung, um die Integration und die Prävention zu fördern.

Die Polizei verstärkte ihre Präsenz und ihre Kontrollen in der Innenstadt, vor allem in den Bereichen, die als Brennpunkte gelten. Sie kündigte an, konsequent gegen jede Form von Gewalt und Kriminalität vorzugehen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Sie bat auch die Bevölkerung um Mithilfe bei der Aufklärung der Fälle und um Verständnis für die Ermittlungsarbeit. Sie appellierte an die Bürger, keine Gerüchte oder Falschinformationen zu verbreiten, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten. Sie betonte, dass die Gewalttaten keine pauschalen Rückschlüsse auf bestimmte Gruppen oder Milieus zuließen, sondern individuelle Taten seien, die von verschiedenen Faktoren abhingen.

Die Zivilgesellschaft zeigte sich solidarisch mit den Opfern und ihren Angehörigen und organisierte mehrere Aktionen, um ein Zeichen gegen die Gewalt zu setzen. So fand am 18. März eine Mahnwache auf dem Marktplatz statt, an der rund 300 Menschen teilnahmen. Sie hielten Kerzen und Plakate mit Slogans wie “Gießen ist bunt, nicht blutig” oder “Kein Platz für Hass und Gewalt” in die Höhe. Sie sangen Lieder und hörten Reden von Vertretern verschiedener Organisationen, die sich für Frieden, Toleranz und Demokratie einsetzen. Sie forderten mehr Dialog und Verständigung zwischen den Kulturen und mehr Engagement für die Integration und die Bildung.

Wie geht es weiter?

Der Messerangriff vom 16. März hat die Stadt Gießen erschüttert und viele Fragen aufgeworfen. Wie kann die Gewalt gestoppt werden? Wie kann das Vertrauen und das Zusammenleben wiederhergestellt werden? Wie kann die Vielfalt als Chance und nicht als Bedrohung gesehen werden? Diese Fragen werden die Stadt noch lange beschäftigen und eine gemeinsame Anstrengung von allen Seiten erfordern. Die Stadt Gießen will sich aber nicht von der Gewalt unterkriegen lassen, sondern an ihrer Vision einer offenen, lebendigen und kulturellen Stadt festhalten. Eine Stadt, die für Kultur, Erlebnis und Vielfalt steht.

Quellen

1: Nach Messerstecherei in Giessen – Verdächtiger kommt vor Haftrichter. FFH. 04.01.2024. Link.

2: Nach Messerangriff läuft Fahndung nach einem Beschuldigten. WELT. 10.12.2023. Link.

3: Bevölkerung in Hessen nach ausgewählten Staatsangehörigkeiten am 31. Dezember 2023. Statistisches Landesamt Hessen. Link.

: Zwei Männer bei Schlägerei vor Shisha-Bar schwer verletzt. Gießener Allgemeine. 19.10.2023. [Link](https://www.giessener-allgemeine.de/giessen/zwei-maenner-bei-schlaegere

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