Der Erste Weltkrieg: Gefecht auf dem Njassasee am 14.08.1914

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Der Erste Weltkrieg war nicht nur ein globaler Konflikt, der Millionen von Menschenleben forderte. Wir werden die Hintergründe, den Verlauf und die Folgen dieser deutschen Schlachten erläutern, die sowohl heroische als auch tragische Momente beinhalteten. Der Erste Weltkrieg war auch ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte, der das Land und seine Bevölkerung nachhaltig prägte und der bis in die Gegenwart reicht.

  1. Mai 2024

In diesem Artikel wollen wir uns einem dieser Schauplätze widmen, der oft vergessen wird: dem Gefecht auf dem Njassasee in Ostafrika.

Der Njassasee, auch Malawisee genannt, ist der neuntgrößte See der Welt und liegt zwischen dem heutigen Tansania, Malawi und Mosambik. Im Jahr 1914 war er Teil der Grenze zwischen der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika und der britischen Kolonie Njassaland. Die Kontrolle über den See war für beide Seiten von strategischer Bedeutung, da er den Transport von Truppen und Material erleichterte. Die Marinen beider Länder hatten jeweils ein bewaffnetes Dampfschiff im Einsatz, um ihre Küsten zu überwachen und den Sklavenhandel zu bekämpfen. Der deutsche Kapitän Berndt und sein britischer Kollege, Commander Rhoades, kannten sich seit Jahren und pflegten einen freundschaftlichen Umgang. Sie besuchten sich gegenseitig auf ihren Schiffen und hielten Scheingefechte ab, um ihre Besatzungen zu trainieren. Doch mit dem Ausbruch des Krieges änderte sich alles.

Am 4. August 1914 erklärte Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg. Die britische Regierung forderte alle ihre Kolonien auf, sich am Kampf zu beteiligen. Der Gouverneur von Njassaland, Sir George Smith, erhielt per Telegramm die Nachricht und begann, Verstärkungen in den Norden des Landes zu schicken. Die Deutschen hingegen wollten die Abwesenheit britischer Truppen ausnutzen, solange sie konnten. Sie planten einen Angriff auf die Stadt Karonga, die am nordöstlichen Ende des Sees lag und als wichtiger Handels- und Militärstützpunkt galt. Dazu mussten sie aber zuerst das britische Schiff ausschalten, das den See patrouillierte: die SS Gwendolen.

Die SS Gwendolen war ein 400 BRT großer Dampfer, der mit zwei 3-Pfünder-Kanonen und zwei Maschinengewehren ausgestattet war. Sie konnte eine Geschwindigkeit von 10 Knoten erreichen und bis zu 500 Passagiere befördern. Sie war das Flaggschiff der britischen Marine auf dem Njassasee und stand unter dem Kommando von Commander Rhoades. Am 13. August 1914 erhielt er den Befehl, nach Karonga zu fahren, um die dortigen Truppen zu unterstützen. Er wusste, dass er auf dem Weg dem deutschen Schiff begegnen würde, das er so gut kannte: die SS Hermann von Wissmann.

Die SS Hermann von Wissmann war ein 100 BRT großer Dampfer, der nach dem deutschen Afrikaforscher und Kolonialbeamten Hermann von Wissmann benannt war. Er war in Deutschland gebaut, in Einzelteile zerlegt und am Njassasee wieder zusammengesetzt worden. Er war mit einer 37-mm-Hotchkiss-Revolverkanone und einem Maschinengewehr bewaffnet. Er konnte eine Geschwindigkeit von 8 Knoten erreichen und bis zu 400 Passagiere aufnehmen. Er war das einzige deutsche Schiff auf dem Njassasee und stand unter dem Kommando von Kapitän Berndt. Am 14. August 1914 erhielt er den Befehl, nach Karonga zu fahren, um die dortigen Truppen zu unterstützen. Er wusste, dass er auf dem Weg dem britischen Schiff begegnen würde, das er so gut kannte: die SS Gwendolen.

Das Gefecht

Am Morgen des 14. August 1914 verließ die SS Hermann von Wissmann den Hafen von Sphinxhafen (heute Liuli), der am südöstlichen Ufer des Sees lag. Sie fuhr in nordwestlicher Richtung, um Karonga zu erreichen. An Bord waren neben der Besatzung auch 200 deutsche Soldaten und 200 einheimische Krieger, die als Rugaruga bekannt waren. Sie waren mit Gewehren, Speeren und Macheten bewaffnet und sollten bei der Eroberung der Stadt helfen.

Um 9 Uhr sichtete die SS Hermann von Wissmann die SS Gwendolen, die aus südwestlicher Richtung kam. Die beiden Schiffe erkannten sich sofort und hissten ihre Flaggen. Sie waren etwa 10 Kilometer voneinander entfernt. Kapitän Berndt entschied, den Kampf aufzunehmen, obwohl er wusste, dass sein Schiff dem britischen unterlegen war. Er hoffte, die SS Gwendolen zu überraschen und zu versenken, bevor sie ihre überlegene Feuerkraft einsetzen konnte. Er befahl, volle Fahrt aufzunehmen und Kurs auf das feindliche Schiff zu halten.

Commander Rhoades war ebenfalls entschlossen, den Kampf aufzunehmen, obwohl er seinen alten Freund Berndt bedauerte. Er wusste, dass er die SS Hermann von Wissmann leicht ausschalten konnte, wenn er seine Kanonen richtig einsetzte. Er befahl, die Geschwindigkeit zu verringern und Kurs zu halten. Er wollte die Distanz zwischen den Schiffen vergrößern, um seine Reichweite auszunutzen.

Um 9.30 Uhr eröffnete die SS Hermann von Wissmann das Feuer. Ihre Revolverkanone schoss eine Salve von sechs Schüssen ab, die aber alle ihr Ziel verfehlten. Die SS Gwendolen erwiderte das Feuer mit ihren beiden Kanonen. Ein Schuss traf die SS Hermann von Wissmann am Bug und durchschlug die Bordwand. Der andere Schuss traf die Revolverkanone und zerstörte sie. Die SS Hermann von Wissmann war damit praktisch wehrlos.

Kapitän Berndt erkannte, dass er keine Chance mehr hatte. Er befahl, die SS Gwendolen zu rammen, in der Hoffnung, sie zu beschädigen oder zu versenken. Er steuerte sein Schiff mit voller Kraft auf das britische zu. Commander Rhoades sah die Absicht seines Gegners und versuchte, auszuweichen. Er drehte sein Schiff nach Steuerbord, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Die SS Hermann von Wissmann verfehlte die SS Gwendolen knapp, streifte aber ihre Seite. Dabei riss sie ein großes Loch in die Bordwand der SS Gwendolen und beschädigte ihren Propeller. Die SS Gwendolen verlor an Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit.

Die SS Hermann von Wissmann fuhr an der SS Gwendolen vorbei und drehte sich, um einen weiteren Angriff zu starten. Die SS Gwendolen feuerte weiter mit ihren Kanonen und Maschinengewehren auf das deutsche Schiff. Einige Schüsse trafen die SS Hermann von Wissmann am Heck und an der Steuerbordseite. Die SS Hermann von Wissmann fing Feuer und begann zu sinken. Kapitän Berndt gab den Befehl, das Schiff zu verlassen. Er selbst blieb an Bord und ging mit seinem Schiff unter.

Die SS Gwendolen setzte die Verfolgung der SS Hermann von Wissmann nicht fort. Sie war zu schwer beschädigt, um weiter zu kämpfen. Sie nahm Kurs auf den nächsten Hafen, um sich zu reparieren. Sie rettete zwei Überlebende der SS Hermann von Wissmann, die sich an einem Wrackteil festhielten. Sie waren die einzigen, die den Untergang überlebten. Die restlichen 400 Menschen an Bord der SS Hermann von Wissmann ertranken oder wurden von Krokodilen gefressen.

Folgen

Das Gefecht auf dem Njassasee war das erste und einzige Seegefecht zwischen Deutschland und Großbritannien im Ersten Weltkrieg. Es war auch das erste Seegefecht in der Geschichte Afrikas. Es hatte jedoch keine entscheidenden Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Krieges in Ostafrika. Die Deutschen konnten Karonga nicht erobern, da die britischen Truppen rechtzeitig eintrafen und die Stadt verteidigten. Die Briten konnten die SS Gwendolen reparieren und weiterhin den See kontrollieren. Die Deutschen mussten sich auf den Landweg verlassen, um ihre Truppen zu versorgen und zu verlegen. Der Krieg in Ostafrika dauerte bis zum Ende des Weltkrieges im November 1918, als die letzten deutschen Streitkräfte unter General Paul von Lettow-Vorbeck kapitulierten.

Das Gefecht auf dem Njassasee ist heute fast vergessen, obwohl es ein dramatisches und tragisches Ereignis war. Es zeigt, wie der Erste Weltkrieg auch die entlegensten Regionen der Welt erreichte und wie die Menschen dort unter den Folgen litten. Es zeigt auch, wie der Krieg aus Freunden Feinde machte und wie die Loyalität zu ihren Nationen die Soldaten dazu zwang, sich gegenseitig zu bekämpfen. Das Schicksal von Kapitän Berndt und Commander Rhoades ist ein Beispiel für die Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Krieges.

Quellen

  • [1] Anderson, Ross. The Forgotten Front: The East African Campaign 1914-1918. Tempus, 2004.

  • [2] Hoyt, Edwin P. The Germans Who Never Lost. Fawcett, 1968.

  • [3] Paice, Edward. Tip and Run: The Untold Tragedy of the Great War in Africa. Weidenfeld & Nicolson, 2007.

  • [4] Strachan, Hew. The First World War in Africa. Oxford University Press, 2004.

  • [5] https://de.wikipedia.org/wiki/Gefecht_auf_dem_Njassasee

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