Katastrophen der Menschheit – die Hamburger Sturmflut von 1962

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Es war eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der deutschen Geschichte: In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 wurde die Nordseeküste von einer gewaltigen Flutwelle heimgesucht, die vor allem Hamburg und seine Umgebung schwer verwüstete. Mehr als 300 Menschen verloren ihr Leben, Tausende wurden obdachlos, ganze Stadtteile wurden überflutet. Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen? Und wie hat sie die Stadt und ihre Bewohner geprägt?

Die Ursachen der Sturmflut

Die Sturmflut von 1962 war das Ergebnis einer unglücklichen Verkettung von mehreren Faktoren, die sich gegenseitig verstärkten. Zum einen herrschte ein starker Nordweststurm über der Nordsee, der das Wasser in Richtung der deutschen Küste trieb. Zum anderen war es eine Springtide, also eine besonders hohe Flut, die durch die Anziehungskraft von Sonne und Mond entsteht. Außerdem war es Neumond, was die Gezeiten noch verstärkte. Und schließlich war es Winter, was bedeutete, dass das Wasser einen höheren Salzgehalt hatte und dadurch schwerer war.

All diese Faktoren führten dazu, dass das Wasser an der Küste um bis zu fünf Meter höher stand als normal. Die Deiche, die zum Schutz der tiefer gelegenen Gebiete errichtet worden waren, waren für solche Wasserstände nicht ausgelegt. Viele von ihnen waren seit der letzten großen Sturmflut im Jahr 1953 nicht erhöht oder verstärkt worden. Zudem waren sie teilweise schlecht gepflegt oder durch Baumaßnahmen geschwächt worden. So kam es, dass an vielen Stellen die Deiche brachen oder überströmt wurden und das Wasser in die dahinter liegenden Gebiete eindrang.

Der Verlauf der Katastrophe

Die Sturmflut begann am Abend des 16. Februar 1962 an der schleswig-holsteinischen Küste, wo die ersten Deiche brachen oder überspült wurden. Die Bewohner wurden teilweise von dem Wasser überrascht, da es keine ausreichenden Warnsysteme gab. Viele versuchten, sich in höher gelegene Gebäude oder auf Dächer zu retten. Andere wurden von dem Wasser mitgerissen oder ertranken in ihren Häusern.

In der Nacht erreichte die Flutwelle die Elbe und ihren Mündungstrichter, wo sie sich durch die Verengung noch weiter aufbaute. Gegen Mitternacht brach der erste Deich in Hamburg-Neuenfelde, einem Stadtteil im Süden Hamburgs. Kurz darauf folgten weitere Deichbrüche in Hamburg-Wilhelmsburg, Hamburg-Finkenwerder und Hamburg-Altenwerder. Diese Stadtteile lagen auf Inseln in der Elbe und waren besonders gefährdet. Das Wasser strömte mit großer Wucht in die Wohngebiete und riss alles mit sich. Autos, Möbel, Tiere und Menschen wurden zu Spielbällen der Fluten.

Die Situation in Hamburg war besonders dramatisch, da die Stadt damals noch keine einheitliche Katastrophenschutzbehörde hatte. Die Zuständigkeiten waren zwischen verschiedenen Ämtern und Behörden verteilt, die nicht ausreichend miteinander kommunizierten oder kooperierten. Zudem gab es keine zentrale Leitstelle oder ein funktionierendes Alarmsystem. Viele Menschen erfuhren erst von der Flut, als es zu spät war. Die Rettungskräfte waren überfordert und konnten nur schwer zu den betroffenen Gebieten vordringen.

Die Flutwelle erreichte auch andere Gebiete an der Unterelbe und an der Unterweser, wo sie ebenfalls schwere Schäden anrichtete. In Bremen brach ein Deich an der Ochtum und überflutete Teile des Stadtgebiets. In Bremerhaven wurde das Hafengebiet überschwemmt und viele Schiffe beschädigt oder zerstört.

Erst am Morgen des 17. Februar 1962 begann das Wasser langsam zurückzugehen. Die Ausmaße der Katastrophe wurden erst jetzt sichtbar: Ganze Landstriche standen unter Wasser, Häuser waren eingestürzt oder weggespült, Strom- und Telefonleitungen waren unterbrochen, Straßen und Brücken waren unpassierbar. Viele Menschen waren noch immer eingeschlossen oder vermisst. Die Zahl der Toten stieg stetig an.

Die Folgen der Sturmflut

Die Sturmflut von 1962 forderte insgesamt 340 Todesopfer, davon 315 in Hamburg. Mehr als 60.000 Menschen wurden obdachlos oder mussten evakuiert werden. Der Sachschaden wurde auf mehrere Milliarden Mark geschätzt. Die Flut hinterließ tiefe Spuren in der Landschaft, der Infrastruktur und der Psyche der Menschen.

Die Sturmflut löste eine große Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft aus. Aus dem ganzen Land und aus dem Ausland kamen Spenden und Hilfsgüter für die Flutopfer. Viele Freiwillige halfen bei den Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten. Die Bundesregierung erklärte die Sturmflut zum nationalen Notstand und stellte umfangreiche Finanzmittel zur Verfügung.

Die Sturmflut führte auch zu einem Umdenken im Hochwasserschutz. Die Deiche wurden erhöht, verstärkt und regelmäßig kontrolliert. Neue Sperrwerke, Flutschutztore und Polder wurden gebaut, um das Wasser besser zu regulieren. Die Zuständigkeiten für den Katastrophenschutz wurden neu geordnet und zentralisiert. Die Warn- und Alarmierungssysteme wurden verbessert und modernisiert.

Die Sturmflut von 1962 war ein einschneidendes Ereignis für Hamburg und die deutsche Nordseeküste. Sie zeigte die Verwundbarkeit der Menschen gegenüber den Naturgewalten, aber auch ihre Fähigkeit, sich zu helfen und zu erneuern. Sie ist bis heute ein Teil der kollektiven Erinnerung und Identität der Stadt und ihrer Bewohner.

Quellen:

1: Hamburger Sturmflut 1962 – hamburg.de

2: Sturmflut 1962 – Wikipedia

3: Der Hamburger Katastrophenschutz – Naturkatastrophen – Sturmflut – hamburg.de

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