Katastrophen der Menschheit: Die Chemie-Katastrophe von Schweizerhalle am 01.11.1986

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Es war eine sternenklare Nacht im Herbst, als plötzlich ein Feuerinferno den Himmel über Basel erleuchtete. In einer Lagerhalle des Chemiekonzerns Sandoz brannten 1351 Tonnen hochgiftiger Chemikalien, darunter Insektizide, Farbstoffe und Lösungsmittel. Die Flammen schossen bis zu 60 Meter hoch und waren in der ganzen Region zu sehen. Eine dicke, stinkende Rauchwolke zog in Richtung der Stadt und löste Panik unter den Bewohnern aus. Was war geschehen? Und welche Folgen hatte dieser Brand für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen?

Der Brand von Schweizerhalle war eine der grössten Industrie-Katastrophen in der Schweizer Geschichte. Er ereignete sich am 1. November 1986 im Industriegebiet “Schweizerhalle” bei Basel, wo mehrere Chemiefirmen ihre Produktions- und Lagerstätten hatten. Die Ursache des Brandes ist bis heute nicht vollständig geklärt, vermutet wird aber ein Kurzschluss in einem elektrischen Gerät oder eine Selbstentzündung von Chemikalien.

Der Brand wurde um 0:19 Uhr von Passanten entdeckt und gemeldet, doch die Feuerwehr hatte grosse Mühe, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Die Halle war nicht mit einer Sprinkleranlage ausgestattet, und die Feuerwehrleute wussten nicht genau, welche Stoffe dort lagerten. Sie mussten sich darauf beschränken, die umliegenden Gebäude vor dem Übergreifen des Feuers zu schützen und das Löschwasser aufzufangen.

Doch das war nicht genug. Das stark kontaminierte Löschwasser gelangte durch einen Abwasserkanal in den Rhein, wo es eine verheerende Giftwelle auslöste. Rund 30 Tonnen Pflanzenschutzmittel, vor allem die Insektizide Disulfoton, Thiometon, Parathion und Fenitrothion, wurden in den Fluss gespült. Diese Stoffe sind hochgiftig für Wasserorganismen und haben eine lange Halbwertszeit von 30 bis 50 Tagen. Sie führten zu einem massiven Fischsterben auf einer Länge von 400 Kilometern bis nach Mannheim in Deutschland. Besonders betroffen war die Aalpopulation, die fast vollständig ausgerottet wurde. Schätzungsweise 150’000 Aale verendeten qualvoll im Rhein.

Als ob das nicht genug wäre, färbte sich das Rheinwasser auch noch rot. Dies lag an einem Farbstoff namens Rhodamin B, der ebenfalls in der Halle gelagert wurde und mit dem Löschwasser in den Fluss gelangte. Der Farbstoff war zwar ungiftig, aber sehr auffällig und verstärkte den Eindruck einer ökologischen Katastrophe. Der rote Rhein wurde zum Symbol für das Versagen der Chemieindustrie und den mangelnden Umweltschutz.

Der Brand von Schweizerhalle hatte auch Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen in der Region. Mehrere Menschen erlitten durch den Brand akute Schäden, vor allem Atemwegsreizungen durch den Rauch. Drei Personen mit Asthma mussten in einem Krankenhaus behandelt werden. In den Folgetagen suchten über 1250 Personen einen Arzt auf wegen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Hautausschlägen. Die langfristigen Folgen des Brandes sind schwer abzuschätzen, da es keine systematische Untersuchung der Bevölkerung gab. Es ist jedoch möglich, dass einige Menschen chronische Schäden davongetragen haben oder ein erhöhtes Krebsrisiko haben.

Der Brand von Schweizerhalle war ein Weckruf für die Öffentlichkeit und die Politik. Er zeigte, wie gefährlich die Chemieproduktion sein kann und wie unzureichend die Sicherheitsmassnahmen waren. Er führte zu einer breiten Diskussion über die Rolle und die Verantwortung der Chemieindustrie in der Schweiz und zu einer Forderung nach mehr Transparenz und Umweltschutz. Er löste auch eine Welle der Solidarität aus, sowohl national als auch international.

Viele Menschen spendeten Geld oder Sachleistungen für die Sanierung des Rheins und die Wiederansiedlung der Fische. Viele Organisationen und Initiativen entstanden, um sich für den Schutz des Rheins und anderer Gewässer einzusetzen. Der Brand von Schweizerhalle war eine Katastrophe, aber auch eine Chance für einen Wandel.

Quellen:

1: Grossbrand von Schweizerhalle – Wikipedia

2: Schweiz – Schweizerhalle-Brand vor 30 Jahren – eine Nacht des Schreckens – News – SRF

3: DOK – Katastrophen – Der Brand von Schweizerhalle – Play SRF

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