Katastrophen der Menschheit – Brand im Gefängnis Comayagua am 14.02.2012

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Es war eine der schlimmsten Katastrophen in der Geschichte von Honduras. In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 2012 brach in einem überfüllten Gefängnis in der Stadt Comayagua ein Feuer aus, das 358 Häftlinge tötete und Hunderte weitere verletzte. Wie konnte es zu diesem Inferno kommen? Was waren die Folgen für die Überlebenden und die Angehörigen? Und was hat sich seitdem im honduranischen Gefängnissystem geändert? Dieser Artikel versucht, diese Fragen zu beantworten und ein Bild von dem Brand im Gefängnis Comayagua zu zeichnen.

Die Ursache

Die genaue Ursache des Brandes ist bis heute nicht geklärt. Die Behörden gaben zunächst an, dass ein Kurzschluss in der elektrischen Anlage das Feuer ausgelöst habe1. Später wurde jedoch die Hypothese aufgestellt, dass ein Häftling seine Matratze angezündet habe, um einen Aufstand zu provozieren oder um sich das Leben zu nehmen2. Eine andere Theorie besagt, dass das Feuer von einem rivalisierenden Bandenmitglied gelegt wurde, um einen anderen Häftling zu ermorden3.

Unabhängig von der Ursache war das Feuer jedoch nicht zu vermeiden. Das Gefängnis Comayagua war für 400 Insassen ausgelegt, beherbergte aber zum Zeitpunkt des Brandes rund 900 Häftlinge. Viele von ihnen waren ohne Verurteilung oder Anklage dort inhaftiert. Die Haftbedingungen waren miserabel: Es gab keinen ausreichenden Zugang zu Wasser, Nahrung, Hygiene oder medizinischer Versorgung. Die Sicherheitsvorkehrungen waren mangelhaft: Es gab keine Feuermelder, Sprinkleranlagen oder Notausgänge. Die Wärter waren korrupt, unzureichend ausgebildet und unterbezahlt.

Der Verlauf

Das Feuer brach gegen 22:30 Uhr Ortszeit aus und breitete sich rasch über mehrere Gebäude des Gefängnisses aus. Die Flammen waren so hoch, dass sie von weitem zu sehen waren. Die Wärter waren überfordert und konnten die Situation nicht unter Kontrolle bringen. Sie verweigerten zunächst den Feuerwehrleuten den Zutritt zum Gefängnis, weil sie befürchteten, dass die Häftlinge fliehen würden. Die Feuerwehr brauchte fast eine Stunde, um das Feuer zu löschen.

In der Zwischenzeit spielten sich im Inneren des Gefängnisses dramatische Szenen ab. Die Insassen versuchten verzweifelt, sich vor dem Feuer zu retten. Einige schrien um Hilfe, andere beteten oder sangen. Viele wurden in ihren Zellen eingeschlossen, weil die Wärter die Schlüssel nicht finden konnten oder sie absichtlich zurückhielten. Einige wurden von anderen Häftlingen angegriffen oder erschossen, die die Gelegenheit nutzten, um Rache zu üben oder ihre Macht zu demonstrieren.

Das Ergebnis war verheerend. Mindestens 358 Häftlinge starben in dem Brand, die meisten von ihnen verbrannt oder erstickt. Die Leichen waren teilweise so stark verkohlt, dass sie nur schwer zu identifizieren waren. Einige wurden an der Decke gefunden, wo sie sich vor den Flammen zu schützen versucht hatten. Mindestens 21 Häftlinge wurden mit schweren Verbrennungen in ein Krankenhaus gebracht. Etwa 475 Häftlinge überlebten das Inferno.

Die Folgen

Die Nachricht von dem Brand löste Bestürzung und Empörung aus. Viele Angehörige der Insassen versammelten sich vor dem Gefängnis und forderten Informationen über das Schicksal ihrer Lieben. Sie klagten über die mangelnde Kommunikation und Transparenz der Behörden und warfen ihnen Fahrlässigkeit und Korruption vor. Einige versuchten, das Gefängnis zu stürmen oder blockierten die Straßen mit brennenden Reifen.

Der damalige Präsident Porfirio Lobo besuchte den Ort des Geschehens und sprach sein Beileid aus. Er sagte, der Brand sei eine “unermessliche Tragödie” und eine “schwere Herausforderung” für das Land. Er kündigte eine “drastische Säuberung” des Gefängnissystems an und versprach den Angehörigen Geld und Särge für die Opfer. Er ordnete außerdem eine Untersuchung des Vorfalls an und entließ den Leiter des Gefängnissystems, Danilo Orellana.

Die internationale Gemeinschaft drückte ebenfalls ihr Mitgefühl und ihre Solidarität aus. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Organisation Amerikanischer Staaten und mehrere Länder boten ihre Hilfe an und forderten eine gründliche Aufklärung der Ursachen und Verantwortlichkeiten für den Brand. Sie mahnten auch eine Reform des honduranischen Justiz- und Gefängnissystems an, das seit langem von Überbelegung, Gewalt, Korruption und Menschenrechtsverletzungen geprägt ist.

Die Reformen

Der Brand im Gefängnis Comayagua war nicht der erste seiner Art in Honduras. Bereits im Jahr 2004 war es in einem Gefängnis in San Pedro Sula zu einem Feuer gekommen, bei dem mehr als 100 Häftlinge ums Leben kamen. Damals wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt, die mehrere Empfehlungen zur Verbesserung der Haftbedingungen und zur Bekämpfung der Bandenkriminalität aussprach. Diese wurden jedoch nur teilweise oder gar nicht umgesetzt.

Der jüngste Brand hat erneut die Schwächen und Missstände des honduranischen Gefängnissystems offenbart. Es hat auch die Herausforderungen gezeigt, denen das Land gegenübersteht, um die Sicherheit und den Rechtsstaat zu gewährleisten. Honduras ist eines der ärmsten und gefährlichsten Länder der Welt, mit einer der höchsten Mordraten und einer weit verbreiteten Straflosigkeit. Die Banden, die sogenannten Maras, kontrollieren weite Teile des Territoriums und sind in Drogenhandel, Erpressung, Entführung und andere Verbrechen verwickelt.

Um dieser Situation zu begegnen, hat die Regierung von Präsident Lobo eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die von einigen als mutig und von anderen als autoritär kritisiert werden. Dazu gehören die Schaffung einer neuen Polizeieinheit, die Ausweitung der Militärpräsenz auf den Straßen, die Verhängung von Ausgangssperren und die Isolierung von Bandenführern in Hochsicherheitsgefängnissen. Diese Politik hat zwar zu einer Verringerung der Kriminalitätsrate geführt, aber auch zu Spannungen mit der Opposition, den Menschenrechtsorganisationen und den Medien geführt.

Der Brand im Gefängnis Comayagua hat somit nicht nur eine humanitäre Krise ausgelöst, sondern auch eine politische Debatte über die Zukunft von Honduras. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung in der Lage sein wird, die notwendigen Reformen durchzuführen, um das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen und die Würde der Inhaftierten zu garantieren. Es bleibt auch abzuwarten, ob die Gesellschaft in der Lage sein wird, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und eine friedliche Koexistenz zu fördern. Es bleibt schließlich abzuwarten, ob die Welt nicht vergessen wird, was in jener Nacht des Grauens und der Verzweiflung geschah.

Quellen:

1: Honduras: Gefängnisbrand — amnesty.ch 2: Gefängnis Comayagua – Wikipedia 3: Mehr als 350 Tote bei Gefängnisbrand in Honduras | DW | 15.02.2012 : Gefängnis Comayagua – Wikipedia : Honduras: Gefängnisbrand — amnesty.ch : Gefängnisbrand: Wärter verwehrten Feuerwehr den Zutritt

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