Kultur, Erlebnis und Vielfalt: Der Mord an einer 15-jährigen Schülerin in Kandel

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Es war ein Verbrechen, das ganz Deutschland erschütterte: Am 27. Dezember 2017 wurde die 15-jährige Mia V. in einem Drogeriemarkt in Kandel (Rheinland-Pfalz) von ihrem Ex-Freund Abdul D. mit einem Messer erstochen. Der Täter war ein afghanischer Flüchtling, der sich als minderjährig ausgegeben hatte, obwohl er wahrscheinlich schon volljährig war. Er wurde zu acht Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt1. Der Fall löste eine heftige Debatte über die Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und die Asylpolitik der Bundesregierung aus.

Die Vorgeschichte

Mia V. und Abdul D. hatten sich im Sommer 2017 kennengelernt und waren mehrere Monate ein Paar gewesen. Abdul D. war im April 2016 nach Deutschland gekommen und hatte angegeben, afghanischer Staatsbürger und 15 Jahre alt zu sein2. Er wurde als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling anerkannt und vom Jugendamt Germersheim betreut. Er lebte zunächst in einer Jugendhilfeeinrichtung in Wörth am Rhein und besuchte die Gesamtschule in Kandel. Ab September 2017 wurde er in eine betreute Jugendwohngruppe in Neustadt an der Weinstraße verlegt, ging aber weiterhin in Kandel zur Schule3.

Anfang Dezember 2017 trennte sich Mia V. von Abdul D., weil er sie bedrängt, beleidigt und bedroht haben soll. Er soll ihr gedroht haben, Nacktbilder von ihr zu veröffentlichen und ihr aufzulauern4. Mia V. erstattete am 15. Dezember bei der Polizeiinspektion Wörth Strafanzeige gegen ihn wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung. Zwei Tage später erstattete auch ihr Vater Anzeige5.

Die Polizei nahm daraufhin eine telefonische Gefährderansprache vor und suchte Abdul D. am 18. Dezember in seiner Schule auf, um ihn zu verwarnen6. Das Jugendamt wurde ebenfalls über die Strafanzeigen informiert7.

Der Tathergang

Am Nachmittag des 27. Dezember 2017 begegneten sich Mia V. und Abdul D. zufällig am Bahnhof von Kandel. Abdul D. folgte ihr in einen Drogeriemarkt, wo er ein etwa 20 Zentimeter langes Brotmesser kaufte8. Er stach dann mehrfach auf Mia V. ein, die sich noch in der Parfümabteilung befand. Sie erlitt tödliche Verletzungen an Hals, Brust und Bauch9. Abdul D. wurde noch am Tatort von Passanten überwältigt und der Polizei übergeben. Als Motiv für die Tat gab er später an, dass er nicht akzeptieren konnte, dass Mia V. sich von ihm getrennt hatte.

Der Prozess

Der Prozess gegen Abdul D. begann am 18. Juni 2018 vor dem Landgericht Landau unter Ausschluss der Öffentlichkeit, da er nach Jugendstrafrecht angeklagt wurde. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Mord aus niedrigen Beweggründen und Heimtücke sowie gefährliche Körperverletzung vor. Die Verteidigung plädierte auf Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge.

Ein zentraler Streitpunkt im Prozess war das Alter des Angeklagten, das Auswirkungen auf das Strafmaß hatte. Abdul D. beharrte darauf, zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alt gewesen zu sein. Ein medizinisches Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft kam jedoch zu dem Ergebnis, dass er mindestens 17 Jahre und sechs Monate alt war, wahrscheinlich aber schon 20 Jahre alt war. Das Gericht folgte dieser Einschätzung und wertete ihn als Heranwachsenden.

Am 3. September 2018 verkündete das Gericht das Urteil: Abdul D. wurde wegen Mordes und Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er aus Eifersucht und Rache gehandelt hatte und dass er die Arg- und Wehrlosigkeit von Mia V. ausgenutzt hatte. Das Urteil entsprach der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Nebenklage, die die Eltern von Mia V. vertrat, hatte die Höchststrafe von zehn Jahren Jugendstrafe gefordert. Die Verteidigung kündigte an, Revision einzulegen.

Die Reaktionen

Das Urteil löste unterschiedliche Reaktionen aus. Die Eltern von Mia V. äußerten sich enttäuscht und fühlten sich vom Rechtsstaat im Stich gelassen. Sie kritisierten, dass der Prozess nicht öffentlich geführt wurde und dass das Jugendstrafrecht angewendet wurde. Sie forderten eine Reform des Asylrechts und eine bessere Altersfeststellung von Flüchtlingen.

Der Anwalt von Abdul D. sagte, dass sein Mandant das Urteil akzeptiere, aber weiterhin an seinem angegebenen Alter festhalte. Er betonte, dass Abdul D. Reue gezeigt habe und sich bei den Eltern von Mia V. entschuldigt habe. Er verwies auch auf die schwierige Lebensgeschichte von Abdul D., der aus einem Kriegsgebiet geflohen sei und traumatische Erfahrungen gemacht habe.

Der Bürgermeister von Kandel, Volker Poß, äußerte sich erleichtert über das Ende des Prozesses und hoffte auf eine Beruhigung der Lage in seiner Stadt. Kandel war in den Monaten nach der Tat Schauplatz mehrerer Demonstrationen und Gegenproteste geworden, die teilweise gewalttätig verliefen. Rechtspopulistische Gruppen wie die AfD, die NPD oder das „Frauenbündnis Kandel“ nutzten den Fall, um gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu protestieren und Stimmung gegen Ausländer zu machen. Demgegenüber stellten sich zivilgesellschaftliche Initiativen wie „Wir sind Kandel“ oder „Kandel ist bunt“, die für Toleranz und Vielfalt eintraten und ein friedliches Zusammenleben fördern wollten.

Der Fall Mia V. hat nicht nur ein junges Leben ausgelöscht, sondern auch eine tiefe Spaltung in der Gesellschaft offenbart. Er hat Fragen aufgeworfen über den Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen, die Integration von Zuwanderern, den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und die Grenzen des Jugendstrafrechts. Er hat aber auch gezeigt, dass es Menschen gibt, die sich für ein solidarisches Miteinander einsetzen und sich nicht von Hass und Angst leiten lassen.

Quellen:

1: Urteil im Mordprozess Kandel 2: Mordfall Mia V. – Wikipedia 3: 15-Jährige in Kandel erstochen: Was wussten Behörden über den jungen Afghanen? 4: Mordfall Mia V. – Wikipedia 5: 15-Jährige in Kandel erstochen: Was wussten Behörden über den jungen Afghanen? 6: Mordfall Mia V. – Wikipedia 7: 15-Jährige in Kandel erstochen: Was wussten Behörden über den jungen Afghanen? 8: Mordfall Mia V. – Wikipedia 9: Mord an Mia in Kandel: Abdul D. zu 8,5 Jahren Haft verurteilt : Mordfall Mia V. – Wikipedia : Mord an Mia in Kandel: Abdul D. zu 8,5 Jahren Haft verurteilt : [Urteil im M

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