Katastrophen der Menschheit: Zyklon in Ostpakistan 11.11.1970

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Es war ein Tag wie jeder andere im November 1970. Die Menschen in Ostpakistan, dem heutigen Bangladesch, gingen ihren täglichen Beschäftigungen nach. Die Bauern bestellten ihre Felder, die Fischer fuhren aufs Meer hinaus, die Händler boten ihre Waren auf den Märkten an. Niemand ahnte, dass sich über dem Golf von Bengalen ein Unheil zusammenbraute, das ihr Leben für immer verändern sollte.

Der Zyklon, der später als Bhola-Zyklon bekannt werden sollte, hatte sich bereits am 8. November über dem warmen Wasser des Golfs gebildet und war langsam nordwärts gezogen. Er hatte an Stärke zugenommen und war am 11. November zu einem schweren Zyklon geworden, der Windgeschwindigkeiten von bis zu 205 km/h erreichte. Doch die Warnungen des indischen Wetterdienstes wurden von den Behörden in Ostpakistan ignoriert oder nicht weitergegeben. Die Menschen in den Küstengebieten hatten keine Ahnung von der drohenden Gefahr.

In der Nacht vom 12. auf den 13. November traf der Zyklon mit voller Wucht auf die Küste Ostpakistans. Er brachte nicht nur heftige Winde und Regenfälle mit sich, sondern auch eine gewaltige Sturmflut, die bis zu zehn Meter hoch anstieg und weite Teile des Gangesdeltas überflutete. Die niedrig gelegenen Inseln und Dörfer wurden von den Wassermassen weggespült oder zerstört. Die Menschen hatten keine Chance zu fliehen oder sich in Sicherheit zu bringen. Viele ertranken in den Fluten oder wurden von umherfliegenden Trümmern erschlagen.

Die genaue Zahl der Todesopfer ist bis heute nicht bekannt, aber Schätzungen zufolge starben zwischen 300.000 und 500.000 Menschen durch den Zyklon und seine Folgen. Es war die schlimmste Naturkatastrophe der jüngeren Geschichte und der tödlichste Wirbelsturm aller Zeiten. Rund 3,6 Millionen Menschen wurden obdachlos oder verloren ihre Existenzgrundlage. Die Schäden wurden auf rund 86,4 Millionen US-Dollar (entsprechend im Jahr 2016 ca. 500 Millionen US-Dollar) geschätzt.

Doch die Katastrophe war nicht nur ein Unglück der Natur, sondern auch ein politisches Versagen. Die Regierung von Westpakistan, die das damals noch vereinigte Pakistan dominierte, reagierte nur zögerlich und unzureichend auf die Notlage der Menschen in Ostpakistan. Sie schickte kaum Hilfsgüter oder Rettungskräfte und behinderte sogar die internationale Hilfe von anderen Ländern oder Organisationen. Die Menschen in Ostpakistan fühlten sich im Stich gelassen und verraten von ihren Landsleuten im Westen.

Der Zyklon verstärkte die ohnehin schon bestehenden Spannungen zwischen Ost- und Westpakistan, die sich in kulturellen, sprachlichen und wirtschaftlichen Unterschieden äußerten. Die ostpakistanische Bevölkerung forderte mehr Autonomie und Gerechtigkeit von der westpakistanischen Regierung, die sie unterdrückte und ausbeutete. Der Zyklon wurde zum Symbol für den Widerstand und den Freiheitskampf der Ostpakistaner.

Im März 1971 kam es zum offenen Aufstand in Ostpakistan, der von der westpakistanischen Armee brutal niedergeschlagen wurde. Es folgte ein blutiger Bürgerkrieg, der erst im Dezember 1971 mit der Intervention Indiens zugunsten der ostpakistanischen Rebellen endete. Am 16. Dezember erklärte Ostpakistan seine Unabhängigkeit als Bangladesch.

Der Zyklon von 1970 war somit nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sondern auch ein historischer Wendepunkt, der die Geburt einer neuen Nation einleitete. Er zeigte die Macht und die Grausamkeit der Natur, aber auch die Kraft und den Mut der Menschen, die sich gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit auflehnten.

Quellen:

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