Brandkatastrophen in Krankenhäusern: Brand im St. Elisabeth-Krankenhaus in Ravensburg vom 12.11.2019 

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Krankenhäuser sind Orte, an denen Menschen gesund werden sollen. Doch was, wenn sie plötzlich zu Orten des Schreckens werden? Brände in Krankenhäusern sind eine ernste Bedrohung, die oft nicht genug Beachtung findet. Dabei können sie verheerende Folgen haben, sowohl für Patienten und Personal als auch für die medizinische Infrastruktur. 

  1. Juni 2024

“Der Mensch lernt in der Katastrophe, menschlich zu leben, was er im Frieden nicht kann.” Dieses Zitat von Friedrich Dürrenmatt1 könnte das Motto sein für die Menschen, die am 12. November 2019 einen Brand im Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg erlebt haben.  

An diesem Tag brach in einem Patientenzimmer im dritten Stock ein Feuer aus, das sich schnell über die Station und das Treppenhaus ausbreitete. Die Feuerwehr, die Rettungsdienste und das Klinikpersonal mussten unter schwierigen Bedingungen mehr als 70 Patienten und Besucher aus dem verrauchten Gebäude evakuieren. Dabei wurden 15 Personen verletzt, darunter vier schwer. Das Krankenhaus wurde teilweise zerstört und musste für mehrere Monate geschlossen werden. Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen? Was haben die Betroffenen erlebt? Und welche Lehren wurden daraus gezogen? Dieser Artikel versucht, diese Fragen zu beantworten und einen Überblick über die Hintergründe, den Ablauf und die Folgen des Brandes zu geben. 

Die Hintergründe 

Das Krankenhaus St. Elisabeth ist eines von drei Häusern der Oberschwabenklinik, einem Klinikverbund, der die medizinische Versorgung von rund 200.000 Menschen in der Region gewährleistet. Das Krankenhaus wurde 1928 gegründet und verfügt über 560 Betten in 23 Fachrichtungen. Es befindet sich in der Ravensburger Nordstadt, nur wenige Kilometer von den beiden Freiwilligen Feuerwehren aus Ravensburg und Weingarten entfernt. Zum Zeitpunkt des Brandes befand sich das Krankenhaus in einem Umbruchprozess: Ein Neubau mit moderner Ausstattung und erweiterten Kapazitäten war bereits im Bau und sollte 2020 fertiggestellt werden. Der Altbau aus den 1970er Jahren, in dem der Brand ausbrach, sollte abgerissen werden. Er hatte jedoch noch die komplette Infrastruktur zweier 36-Betten-Stationen zu bieten, die bis zum Umzug genutzt wurden. 

Der Brand entstand vermutlich durch einen technischen Defekt an einem Fernseher in einem Patientenzimmer. Das Feuer griff schnell auf die Einrichtung und die Bettwäsche über und erzeugte eine starke Rauchentwicklung. Der Rauchmelder im Zimmer löste zwar einen Alarm aus, aber die automatische Brandmeldeanlage, die das Feuer an die Leitstelle melden sollte, funktionierte nicht. Der Grund dafür war, dass die Anlage kurz zuvor wegen Bauarbeiten abgeschaltet worden war. Das Personal auf der Station bemerkte den Brand erst, als der Rauch bereits in den Flur eingedrungen war. Die Mitarbeiter versuchten, das Feuer mit einem Feuerlöscher zu bekämpfen, mussten aber bald aufgeben, da die Flammen zu stark waren. Sie alarmierten die Feuerwehr über das Telefon und begannen, die Patienten aus den Zimmern zu holen. 

Der Ablauf 

Die Feuerwehr traf etwa zehn Minuten nach dem ersten Notruf am Krankenhaus ein. Die Einsatzkräfte stellten fest, dass der Brand sich bereits auf das Treppenhaus und die darüber liegende Station ausgebreitet hatte. Der Rauch war so dicht, dass die Sichtweite nur wenige Zentimeter betrug. Die Feuerwehrleute mussten sich mit Atemschutzgeräten und Wärmebildkameras orientieren. Sie begannen, das Feuer von außen und von innen zu bekämpfen und die Evakuierung der Patienten zu unterstützen. Dabei stießen sie auf zahlreiche Hindernisse: Die Aufzüge durften nicht benutzt werden, die Notausgänge waren teilweise versperrt, die Patienten waren teilweise nicht gehfähig oder ans Bett gefesselt, die Beschilderung war unzureichend, die Kommunikation war gestört. Die Feuerwehrleute mussten die Patienten teilweise über Leitern oder Schleifkörbe aus dem Fenster retten. Dabei arbeiteten sie eng mit dem Rettungsdienst und dem Klinikpersonal zusammen, die die Patienten versorgten und in andere Krankenhäuser transportierten. 

Die Evakuierung dauerte mehr als zwei Stunden. In dieser Zeit wurden 72 Personen aus dem Gebäude gebracht, davon 15 verletzt. Vier Personen erlitten schwere Rauchgasvergiftungen und mussten in Spezialkliniken verlegt werden. Eine Person starb später an den Folgen ihrer Verletzungen. Das Feuer wurde nach drei Stunden unter Kontrolle gebracht. Die Feuerwehr war mit mehr als 100 Einsatzkräften und 25 Fahrzeugen vor Ort. Auch die Polizei, das Technische Hilfswerk, die Stadtwerke, die Seelsorge und der Katastrophenschutz waren im Einsatz. Die Schadenshöhe wurde auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Das Krankenhaus musste für mehrere Monate geschlossen werden. Die Patienten wurden auf andere Häuser der Oberschwabenklinik oder auf andere Kliniken in der Region verteilt. 

Die Folgen 

Der Brand im Krankenhaus Ravensburg war eine der größten Katastrophen, die die Region je erlebt hat. Er löste eine Welle der Anteilnahme, der Solidarität und der Hilfsbereitschaft aus. Viele Menschen spendeten Geld, Sachspenden oder Blut für die Opfer und die Helfer. Die Politik, die Kirche und die Gesellschaft dankten den Einsatzkräften für ihren mutigen und professionellen Einsatz. Die Medien berichteten ausführlich über das Geschehen und die Hintergründe. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung und fahrlässiger Körperverletzung ein. Die Ursache des Brandes wurde als technischer Defekt an einem Fernseher bestätigt. Die Verantwortung für die fehlerhafte Brandmeldeanlage wurde noch nicht geklärt. 

Der Brand im Krankenhaus Ravensburg war auch eine Zäsur für die Oberschwabenklinik. Der Klinikverbund musste seine Struktur, sein Konzept und sein Image überdenken. Er beschleunigte den Neubau des Krankenhauses St. Elisabeth, der im Mai 2020 eröffnet wurde. Er investierte in die Sicherheit, die Qualität und die Modernisierung seiner anderen Häuser. Er verbesserte die Kommunikation, die Kooperation und die Transparenz mit seinen Partnern, seinen Mitarbeitern und seinen Patienten. Er zog Lehren aus dem Brand und entwickelte ein neues Notfall- und Krisenmanagement. Er organisierte regelmäßige Übungen, Schulungen und Fortbildungen für sein Personal und seine Führungskräfte. Er beteiligte sich an Forschungs- und Präventionsprojekten zum Thema Brandschutz in Krankenhäusern. Er machte aus der Krise eine Chance. 

Quellen 

 

  • 1 Friedrich Dürrenmatt, “Die Physiker”, 1962. 
  • 2 bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e.V., “Brände in Krankenhäusern und ihre Folgen – ein Überblick und bvfa-Statistik”, 2024. 
  • 3 FeuerTRUTZ, “bvfa-Brandstatistik zu Bränden in Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen”, 2024. 
  • Landkreis Ravensburg, “brand-aktuell”, 2024. 

 

 

 

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