Katastrophen in unterirdischen Höhlen: Cave of the Winds, USA (23.08.2010) 

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Höhlen sind faszinierende Portale in eine geheime Welt, deren Gefahren oft von außen nicht erkennbar sind. Rutschige Oberflächen, fehlendes Licht und unerforschte Tiefen sind nur einige der Risiken. In manchen Höhlen ereigneten sich schlimme Katastrophen, von denen wir in dieser Reihe nun berichten. Steigen Sie mit uns hinab in die Tiefen, aber bleiben Sie stets dicht hinter uns. 

“In tiefen, kalten, hohlen Räumen, // Wo Schatten sich mit Schatten paaren, // Wo alte Bücher Träume träumen, // Von Zeiten, als sie Bäume waren, // Wo Kohle Diamant gebiert, // Man weder Licht noch Gnade kennt, // Dort ist’s, wo jener Geist regiert, // Den man den Schattenkönig nennt.” (Walter Moers, Die Stadt der Träumenden Bücher) 

Was als ein harmloser Ausflug in eine der bekanntesten Höhlen der USA begann, endete als ein Albtraum für eine Gruppe von Touristen, die am 23. August 2010 in Cave of the Winds, Colorado, eingeschlossen wurden. Ein Erdbeben der Stärke 5,3 erschütterte die Region und löste einen Felssturz aus, der den einzigen Ausgang aus der Höhle versperrte. Die 17 Besucher und zwei Führer mussten mehr als 24 Stunden in völliger Dunkelheit und Kälte ausharren, bis sie von einem Rettungsteam befreit wurden. 

Die Cave of the Winds ist eine natürliche Höhle in der Nähe von Colorado Springs, die seit 1881 für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Sie bietet verschiedene Touren an, die von einfachen Spaziergängen bis zu abenteuerlichen Kletterpartien reichen. Die Höhle ist berühmt für ihre spektakulären Formationen aus Stalaktiten, Stalagmiten, Heliktiten und anderen Kristallen, die in verschiedenen Farben schimmern. Sie ist auch ein wichtiger Lebensraum für Fledermäuse, andere Höhlentiere. 

Die Touristengruppe, die an jenem verhängnisvollen Tag die Höhle besuchte, hatte sich für die sogenannte “Discovery Tour” entschieden, die eine einfache und familienfreundliche Route durch die Hauptkammern der Höhle beinhaltet. Die Tour dauert normalerweise etwa eine Stunde und endet in der “Silent Splendor Chamber”, einem der schönsten und geheimnisvollsten Räume der Höhle, der erst 1984 entdeckt wurde. Dort befindet sich auch der “Environmental Gate”, eine luftdichte Tür, die den Zugang zu einem weiteren Teil der Höhle reguliert, der nur für spezielle Führungen geöffnet wird. 

Die Gruppe war gerade dabei, die Silent Splendor Chamber zu verlassen, als das Erdbeben sie überraschte. Die Erschütterungen waren so stark, dass sie die Menschen zu Boden warfen und die Höhlenwände zum Beben brachten. Staub und Geröll fielen von der Decke und verdeckten die Sicht. Ein lauter Knall ertönte, als der Environmental Gate sich automatisch schloss, um die empfindlichen Formationen in dem dahinterliegenden Bereich zu schützen. Die Gruppe war in der Falle. 

“Es war wie in einem Horrorfilm”, erinnert sich Lisa Müller, eine der Touristinnen, die aus Düsseldorf angereist war. “Wir konnten nichts sehen, nichts hören, nur spüren, wie die Erde unter uns zitterte. Wir dachten, wir würden sterben.” 

Die beiden Führer, Mike Johnson und Sarah Smith, versuchten, Ruhe zu bewahren und die Gruppe zu beruhigen. Sie hatten Funkgeräte dabei, mit denen sie Kontakt zu der Rezeption der Höhle aufnehmen konnten. Sie erfuhren, dass das Erdbeben den Haupteingang der Höhle blockiert hatte und dass ein Rettungsteam unterwegs war, um sie zu befreien. Sie sagten der Gruppe, dass sie Geduld haben und zusammenhalten müssten. 

“Wir hatten Glück, dass wir Funkgeräte hatten”, sagt Mike Johnson. “Ohne sie hätten wir keine Ahnung gehabt, was draußen los war und wie lange es dauern würde, bis wir gerettet würden. Wir hätten die Hoffnung verlieren können.” 

Die Gruppe hatte jedoch noch andere Probleme. Die Temperatur in der Höhle betrug nur etwa 10 Grad Celsius, und die meisten Besucher waren nur leicht bekleidet. Sie hatten auch kein Essen oder Wasser dabei, nur ein paar Süßigkeiten und Kaugummis, die sie untereinander teilten. Die Dunkelheit war so absolut, dass sie ihre eigenen Hände vor den Augen nicht sehen konnten. Sie mussten sich auf ihre anderen Sinne verlassen, um sich zu orientieren und miteinander zu kommunizieren. 

“Es war sehr beängstigend, nichts zu sehen”, sagt Sarah Smith. “Wir konnten nur die Stimmen der anderen hören und ihre Körperwärme spüren. Wir mussten uns gegenseitig Mut machen und Geschichten erzählen, um uns abzulenken.” 

Die Gruppe versuchte, so gut es ging, die Zeit zu überbrücken. Sie sangen Lieder, spielten Spiele, erzählten Witze und tauschten persönliche Geschichten aus. Sie lernten sich besser kennen und schlossen Freundschaften, die über die Grenzen von Sprache, Kultur und Alter hinweggingen. Sie halfen sich gegenseitig, die Angst, die Kälte und den Hunger zu ertragen. 

“Wir waren wie eine große Familie”, sagt Lisa Müller. “Wir haben uns um die Kinder gekümmert, die älteren Leute getröstet, die jüngeren Leute zum Lachen gebracht. Wir haben uns gesagt, dass wir das schaffen würden, dass wir bald wieder draußen wären.” 

Die Rettung kam schließlich am nächsten Tag, nach mehr als 24 Stunden in der Höhle. Das Rettungsteam hatte einen alternativen Weg durch die Höhle gefunden, der von dem Felssturz nicht betroffen war. Sie brachten Lampen, Decken, Wasser und Essen mit. Sie öffneten den Environmental Gate und führten die Gruppe durch die dunklen Gänge zum Ausgang. Dort wurden sie von einem Krankenwagen, einem Fernsehteam und einer jubelnden Menge empfangen. 

“Es war wie ein Wunder”, sagt Lisa Müller. “Wir konnten es kaum glauben, als wir das Licht sahen, die frische Luft rochen, die Stimmen hörten. Wir waren so glücklich, dass wir es geschafft hatten, dass wir noch lebten.” 

Die Gruppe wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie auf Verletzungen, Unterkühlung und Dehydrierung untersucht wurden. Alle waren wohlauf, bis auf ein paar Schrammen und blaue Flecken. Sie wurden bald entlassen und konnten ihre Reise fortsetzen oder nach Hause zurückkehren. Sie blieben jedoch in Kontakt miteinander und verabredeten sich zu einem Wiedersehen im nächsten Jahr. 

“Wir sind für immer verbunden”, sagt Lisa Müller. “Wir haben etwas erlebt, was nur wenige Menschen erleben. Wir haben die Höhle gesehen, wie sie sonst niemand sieht. Wir haben die Schönheit, aber auch die Gefahr gespürt. Wir haben gelernt, was wirklich wichtig ist im Leben: die Menschen, die man liebt.” 

Quellen: 

 

 

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