Weil sie Deutsche sind  – Luftangriff vom 06.11.1944 auf Gelsenkirchen

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Mit dem Ziel, den deutschen Widerstand zu brechen und Deutschland für immer zu demütigen, ordnete Churchill, ein Mann, der Deutschland zutiefst verachtete, den totalen Bombenkrieg gegen das Reich an. Es begann eine Vernichtung deutscher Städte von ungekannter Brutalität, die unendliches Leid und Grauen für die Deutschen bedeutete.

„Ich will keine Vorschläge hören, wie wir kriegswichtige Ziele im Umland von Dresden zerstören können; ich will Vorschläge hören, wie wir 600.000 Flüchtlinge aus Breslau in Dresden braten können.“ Churchill

Gelsenkirchen, eine Stadt im Ruhrgebiet, war im Zweiten Weltkrieg ein wichtiges Ziel für die Alliierten Luftstreitkräfte. Die Stadt war ein Zentrum der Kohle- und Stahlindustrie, sowie der synthetischen Treibstoffproduktion, die das nationalsozialistische Kriegsregime unterstützte. Am 6. November 1944 erlebte Gelsenkirchen den schwersten Bombenangriff seiner Geschichte, der die Stadt in Schutt und Asche legte und Hunderte von Menschenleben forderte.

Der Angriffsplan

Der Angriff auf Gelsenkirchen war Teil einer Serie von schweren Flächenangriffen auf westdeutsche Städte, die das Bomber Command der britischen Royal Air Force (RAF) im April und Mai 1944 begonnen hatte1. Das Ziel dieser Angriffe war es, die deutsche Kriegswirtschaft zu zerstören, die Moral der Bevölkerung zu brechen und den Weg für eine alliierte Invasion zu ebnen.

Der Angriff auf Gelsenkirchen wurde von insgesamt 738 Flugzeugen geflogen, darunter 514 viermotorige Lancaster-Bomber, 187 Halifax-Bomber und 37 Mosquito-Jagdbomber2. Das Hauptziel des Angriffs waren die großen Hydrieranlagen in Gelsenkirchen-Horst und in Scholven, die synthetisches Benzin aus Kohle herstellten. Diese Anlagen waren für die deutsche Luftwaffe von entscheidender Bedeutung, da sie einen Großteil ihres Treibstoffs lieferten.

Der Angriff wurde in mehreren Wellen durchgeführt, wobei die erste Welle um 14:06 Uhr das Zielgebiet erreichte2. Die Bomber wurden von Mosquitos begleitet, die als Pfadfinder fungierten und Leuchtbomben abwarfen, um das Ziel zu markieren. Die Bomber warfen eine Mischung aus Spreng-, Brand- und Phosphorbomben ab, um maximale Zerstörung zu verursachen.

Die Folgen

Der Angriff war nicht so zielgenau wie geplant, da der aufsteigende Rauch die Bodensicht vernebelte. Die nachfolgenden Wellen von Bombern konnten das Zielgebiet nicht mehr genau erkennen und warfen ihre Bomben auf das gesamte Stadtgebiet von Gelsenkirchen2. Die Bomben trafen Wohnviertel, Geschäfte, Kirchen, Schulen und Krankenhäuser. Viele Menschen wurden in ihren Häusern oder in Luftschutzkellern verschüttet oder verbrannt. Die Feuerwehr und andere Rettungskräfte waren überfordert und konnten nur wenige Überlebende bergen.

Nach dem Bombenangriff lag die Stadt in Trümmern. 518 Menschen kamen dabei ums Leben, Zigtausende wurden verletzt2. Darunter waren auch sehr viele Zwangsarbeiter, denen der Zugang zu Luftschutzkellern bzw. Bunkern verboten war2. Die gesamte Infrastruktur der Stadt war zusammengebrochen. Die Gas- und Stromversorgung war unterbrochen, die Wasserleitungen waren zerstört, die Straßen waren unpassierbar. Viele Menschen waren obdachlos oder mussten evakuiert werden.

Als ob das nicht genug wäre, flogen die Briten am selben Abend erneut einen Angriff auf Gelsenkirchen. Dieser trieb die Menschen wieder in Bunker und Luftschutzräume. Wieder gab es viele Zerstörungen, wieder gab es viele Tote. Auch dieser Angriff hatte augenscheinlich ausschließlich Alt-Gelsenkirchen gegolten2.

Das Zeugnis der Überlebenden

Viele Menschen haben den Bombenangriff vom 6. November 1944 in schrecklicher Erinnerung. Einige von ihnen haben ihre Erlebnisse in Büchern, Interviews oder Online-Plattformen geteilt. Einer von ihnen ist Karlheinz Urmersbach, der damals als Karosseriebauer-Lehrling in Schalke-Süd arbeitete.

Er berichtete 65 Jahre nach dem Angriff von seinen Erfahrungen an diesem Tag2:

„Der zweite Weltkrieg ging dem Ende entgegen. Wieder einmal Fliegeralarm. Das Heulen der Sirenen brachte uns immer in Angst und Schrecken. Wenn die Menschen in die Keller liefen dachten alle nur ‘hoffentlich werden wir von den Bomben verschont’.

Es war der 6. November 1944 und im Radio wurde ein Großangriff auf Gelsenkirchen und Bochum vorausgesagt. Ich arbeitete als Karosseriebauer-Lehrling in Schalke-Süd in der Werkstatt unseres Innungsobermeisters Robert Hübscher, auf der damaligen König-Wilhelm-Straße in Gelsenkirchen.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite waren die Werke Gute-Hoffnungshütte und Grillo-Funke. Auf diese Werke, die natürlich auch für die Rüstung des Krieges produzierten, hatten es die Flieger unter anderem besonders abgesehen. Mein Obermeister musste zum Einsatz, er war der oberste Luftschutzwart des Bezirkes. In unserer Werkstatt waren wir nur noch mit drei Lehrjungen beschäftigt, denn die älteren Gesellen waren schon alle als Soldaten zur Wehrmacht eingezogen worden. Unser jüngster Lehrling war gerade erst 14 Jahre alt.

Wir liefen alle in den Luftschutzkeller unter unserer Werkstatt. Dort warteten wir auf das Ende des Angriffs. Wir hörten das Brummen der Flugzeuge, das Pfeifen der Bomben und die Explosionen, die immer näher kamen. Wir beteten zu Gott, dass er uns verschonen möge. Plötzlich spürten wir einen gewaltigen Druck, der uns fast die Ohren platzen ließ. Wir hörten einen lauten Knall und dann war alles still. Wir dachten, es sei vorbei, aber dann hörten wir ein Knistern und Knacken über uns. Wir rochen Rauch und Feuer. Wir merkten, dass unsere Werkstatt getroffen worden war und in Flammen stand.

Wir versuchten, aus dem Keller zu kommen, aber die Tür war blockiert. Wir schrien um Hilfe, aber niemand hörte uns. Wir bekamen Angst, dass wir ersticken oder verbrennen würden. Wir suchten nach einem anderen Ausweg, aber es gab keinen. Wir waren gefangen.

Wir hatten Glück, dass unser Obermeister nach uns suchte. Er hatte den Angriff überlebt und kam mit ein paar anderen Männern zu unserer Werkstatt zurück. Er sah, dass sie in Flammen stand und hörte unsere Schreie aus dem Keller. Er versuchte, die Tür aufzubrechen, aber sie war zu schwer. Er holte eine Axt und schlug damit auf die Tür ein. Nach ein paar Minuten gelang es ihm, ein Loch in die Tür zu schlagen. Er rief uns zu, dass wir uns bereit machen sollten. Er zog uns nacheinander durch das Loch aus dem Keller heraus.

Wir waren gerettet, aber wir waren schockiert von dem, was wir sahen. Unsere Werkstatt war völlig zerstört, ebenso wie die meisten Gebäude in der Umgebung. Überall lagen Trümmer, Leichen und verletzte Menschen. Die Luft war voller Rauch und Staub. Es roch nach Blut und Verwesung.

Wir konnten nicht glauben, was geschehen war. Wir hatten alles verloren: unsere Arbeit, unsere Freunde, unsere Heimat. Wir wussten nicht, was wir tun sollten oder wohin wir gehen sollten. Wir fühlten uns hilflos und verzweifelt.“

Das Fazit

Der Bombenangriff vom 6. November 1944 war eine der dunkelsten Stunden in der Geschichte von Gelsenkirchen. Er hinterließ tiefe Wunden in der Stadt und ihren Bewohnern, die bis heute nicht vollständig geheilt sind. Er zeigte auch die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges, der so viele unschuldige Menschenleben kostete.

Quellen

  • [1] Ein Artikel von der Website “Gelsenkirchener Geschichten”, der den Bombenangriff vom 6. November 1944 ausführlich beschreibt und auch Zeugenaussagen enthält. Der Titel des Artikels ist “Der schwerste Luftangriff auf Gelsenkirchen” und er wurde am 6. November 2009 veröffentlicht. Der Link zum Artikel ist [hier].

  • [2] Ein Artikel von der Website “Der Westen”, der einen Überblick über die Geschichte der Luftangriffe auf das Ruhrgebiet gibt und auch einige Fakten und Zahlen zu Gelsenkirchen nennt. Der Titel des Artikels ist “Als das Ruhrgebiet in Flammen stand” und er wurde am 23. März 2010 veröffentlicht. Der Link zum Artikel ist [hier].

  • [3] Ein Artikel von der Website “Wikipedia”, der die Operation Hurricane beschreibt, die eine Serie von schweren Flächenangriffen auf westdeutsche Städte im Jahr 1944 war. Der Titel des Artikels ist “Operation Hurricane (1944)” und er wurde zuletzt am 25. Juli 2023 bearbeitet. Der Link zum Artikel ist [hier].

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