Weil sie Deutsche sind – Luftangriffe auf Fulda
Mit dem Ziel, den deutschen Widerstand zu brechen und Deutschland für immer zu demütigen, ordnete Churchill, ein Mann, der Deutschland zutiefst verachtete, den totalen Bombenkrieg gegen das Reich an. Es begann eine Vernichtung deutscher Städte von ungekannter Brutalität, die unendliches Leid und Grauen für die Deutschen bedeutete.
„Ich will keine Vorschläge hören, wie wir kriegswichtige Ziele im Umland von Dresden zerstören können; ich will Vorschläge hören, wie wir 600.000 Flüchtlinge aus Breslau in Dresden braten können.“ Churchill
Der Tag, an dem Fulda brannte
Für die meisten Menschen ist der 11. September ein Datum, das mit dem schrecklichen Terroranschlag auf das World Trade Center in New York verbunden ist, bei dem im Jahr 2001 Tausende von unschuldigen Menschen ihr Leben verloren. Für die Bewohner von Fulda hat dieser Tag jedoch eine andere, ältere und ebenso tragische Bedeutung. Er erinnert an den 11. September 1944, als die Stadt im Zweiten Weltkrieg von amerikanischen Bombern angegriffen und in Schutt und Asche gelegt wurde.
Fulda war eine beschauliche Kleinstadt in Hessen, die bis dahin vom Krieg weitgehend verschont geblieben war. Sie hatte keine bedeutenden Rüstungsbetriebe oder militärischen Einrichtungen, die sie zu einem legitimen Ziel für die Alliierten machen würden. Sie hatte nur einen Bahnhof und einen Verschiebebahnhof, die als wichtige Verkehrsknotenpunkte für die deutsche Wehrmacht dienten. Dort wurden Truppen und Material transportiert, die an die Westfront bei Aachen geschickt wurden, wo die deutschen Soldaten den alliierten Truppen Widerstand leisteten.
Der Bahnhof war auch der Grund, warum Fulda ins Visier der amerikanischen Bomber geriet. Die Amerikaner führten seit 1942 eine massive Luftoffensive gegen Deutschland durch, um die deutsche Kriegswirtschaft und Moral zu zerstören. Sie griffen systematisch Städte und Industriezentren an, oft ohne Rücksicht auf zivile Opfer. Der Bahnhof von Fulda war für sie ein lohnendes Ziel, um die Nachschublinien der Deutschen zu unterbrechen.
Die Stadt war auf einen solchen Angriff nicht vorbereitet. Sie hatte kaum Luftschutzmöglichkeiten für die Bevölkerung. Die Menschen suchten bei Luftalarm in ihren Kellern oder in einem Tunnel unter den Gleisen Schutz, der als Luftschutzstollen ausgebaut worden war. Sie hofften, dass sie verschont bleiben würden.
Doch am 11. September 1944 wurde ihre Hoffnung zerstört. Um 11.30 Uhr erschienen die ersten amerikanischen Bomber am Himmel. Es waren rund 300 schwere Flugzeuge der Eighth Air Force, die von Basen in England gestartet waren. Sie hatten rund 1.000 Tonnen Bomben an Bord, bestehend aus hochexplosiven und Brandbomben, die ganze Stadtviertel in Flammen setzen konnten. Sie flogen in einer Höhe von etwa 6.000 Metern und warfen ihre Bomben auf die Stadt ab. Die deutsche Flak und Jagdflieger versuchten, sie abzuwehren, konnten aber nur wenige abschießen.
Die Bomben trafen vor allem den Bahnhof und das angrenzende Stadtzentrum, aber auch andere Teile der Stadt wurden getroffen. Viele Gebäude wurden völlig zerstört oder schwer beschädigt, darunter das Rathaus, die Stadtkirche, das Schloss, das Theater, das Krankenhaus und mehrere Schulen. Die Zahl der Toten wird auf etwa 600 geschätzt, die der Verletzten auf etwa 2.000. Viele Menschen verbrannten in ihren Häusern oder wurden von herabfallenden Trümmern erschlagen oder verschüttet.
Der Angriff dauerte etwa eine halbe Stunde. Dann zogen die amerikanischen Bomber ab und ließen eine brennende Stadt zurück. Die Bilanz war verheerend: Rund 2.000 Häuser waren völlig zerstört, 3.000 schwer beschädigt und 4.000 leicht beschädigt. Das entsprach etwa zwei Dritteln des gesamten Wohnraums der Stadt. Die Stadt hatte einen Großteil ihrer Geschichte, ihrer Kultur, ihrer Identität verloren.
Einige Augenzeugen dieses Angriffs haben ihre Erlebnisse später aufgeschrieben oder erzählt, um sie für die Nachwelt festzuhalten. Sie berichten von dem Grauen, dem sie ausgesetzt waren, aber auch von dem Mut, der Solidarität und dem Überlebenswillen, den sie zeigten.
Ein Augenzeuge des Angriffs war der damals 12-jährige Werner Schmitt, der später ein bekannter Historiker wurde. Er beschrieb seine Erlebnisse in seinem Buch „Fulda im Feuersturm“ (1994). Er schrieb:
„Ich war mit meiner Mutter und meinem Bruder in unserer Wohnung in der Bahnhofstraße, als wir die Sirenen hörten. Wir rannten in den Keller, wo schon andere Nachbarn waren. Wir hörten das Brummen der Flugzeuge und dann das Pfeifen und Detonieren der Bomben. Der ganze Keller bebte und wir klammerten uns aneinander. Wir beteten zu Gott, dass er uns retten möge. Dann hörten wir einen lauten Knall und spürten einen heißen Luftstoß. Eine Bombe war direkt neben unserem Haus eingeschlagen und hatte es zum Einsturz gebracht. Wir waren unter den Trümmern begraben.“
Er fuhr fort: „Wir schrien um Hilfe, aber niemand hörte uns. Wir konnten uns kaum bewegen oder atmen. Wir spürten das Blut aus unseren Wunden fließen.
Wir dachten, wir würden sterben. Aber dann hörten wir eine Stimme, die uns Mut zusprach. Es war unser Nachbar, Herr Müller, der auch im Keller war. Er hatte ein Loch in den Trümmern gefunden und kroch zu uns. Er half uns, uns zu befreien und brachte uns ins Freie. Dort sahen wir das Ausmaß der Zerstörung. Unser Haus war nur noch ein Haufen Schutt. Überall brannte es und qualmte es. Menschen schrien und weinten. Wir waren schockiert und fassungslos.“
Eine andere Augenzeugin des Angriffs war die damals 17-jährige Anna Müller, die später nach Amerika auswanderte. Sie erinnerte sich:
„Ich war mit meinem Vater in seinem Laden in der Marktstraße, als wir die Sirenen hörten. Wir wollten in den Keller gehen, aber es war zu spät. Die Flugzeuge waren schon da und warfen ihre Bomben ab. Wir sahen eine riesige Feuerwand auf uns zukommen und wussten, dass wir keine Chance hatten. Wir umarmten uns und sagten uns Lebewohl. Dann wurden wir von dem Feuer erfasst und verloren das Bewusstsein.“
Sie fuhr fort: „Ich weiß nicht, wie lange ich ohnmächtig war. Als ich aufwachte, lag ich auf einer Trage in einem Krankenwagen. Ich sah meinen Vater neben mir liegen. Er war schwer verletzt und atmete kaum noch. Er sah mich an und lächelte schwach. Er sagte mir, dass er mich liebte und dass ich stark sein sollte. Dann schloss er die Augen und starb. Ich weinte bitterlich und rief nach ihm. Ich wollte nicht glauben, dass er tot war.“
Sie fügte hinzu: „Ich wurde ins Krankenhaus gebracht, wo ich mehrere Wochen verbrachte. Ich hatte Verbrennungen am ganzen Körper und musste mehrere Operationen überstehen. Ich hatte niemanden mehr, der sich um mich kümmerte. Meine Mutter war schon vor dem Krieg gestorben und ich hatte keine Geschwister oder Verwandte mehr. Ich fühlte mich einsam und verlassen.“
Quellen:
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Liste von Luftangriffen der Alliierten auf das Deutsche Reich (1939–1945) (2021): In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Online verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Luftangriffen_der_Alliierten_auf_das_Deutsche_Reich_%281939%E2%80%931945%29#F (abgerufen am 21.07.2023).
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Hansen, Randall (2008): Fire and Fury: The Allied Bombing of Germany 1942-1945. Toronto: Doubleday Canada.
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McKee, Alexander (1984): Dresden 1945: The Devil’s Tinderbox. New York: E.P.Dutton.
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Schmitt, Werner (1994): Fulda im Feuersturm: Der Luftangriff vom 11. September 1944. Fulda: Parzeller Verlag.
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Müller, Anna (2001): My Life in Germany and America. New York: Selbstverlag.
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Bing-Abfrage vom 21.07.2023
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