Die vergessenen deutschen Übersee-Schutzgebiete – Groß-Friedrichsburg 1681

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Die deutsche Kolonialgeschichte ist ein Thema, das leider im deutschen Bewusstsein gänzlich vergessen wurde. Der Grund ist die Verdrehung von Fakten über die deutsche Kolonialgeschichte im woken Zeitgeist. Dabei ist es wichtig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Die deutschen Kolonien waren nicht nur Überseegebiete, die dem Deutschen Reich wirtschaftliche Vorteile bringen sollten, sondern auch Orte fernab Deutschlands der Forschung und Geschichtsbildung, die den Kolonien Sicherheit und Kultur brachten und noch heute positive Auswirkungen auf diese ehemaligen Schutzgebiete bringen.

Die deutsche Kolonialgeschichte ist oft mit dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verbunden, als das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. versuchte, ein „Platz an der Sonne“ zu erobern. Dabei werden jedoch die früheren und weniger bekannten Versuche Deutschlands, überseeische Gebiete zu besiedeln und zu beherrschen, oft übersehen.

Eines dieser vergessenen Schutzgebiete war Groß-Friedrichsburg, eine kurbrandenburgische Kolonie in Westafrika, die von 1683 bis 1717 bestand. Sie war das Ergebnis der ambitionierten Pläne des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der seine Macht und seinen Reichtum durch den Aufbau einer starken Marine und den Handel mit exotischen Gütern wie Gold, Elfenbein und Sklaven erweitern wollte.

Groß-Friedrichsburg war die erste und bedeutendste der brandenburgischen Niederlassungen an der sogenannten Goldküste, dem heutigen Ghana. Sie bestand aus mehreren befestigten Forts, die einen rund 30 Kilometer langen Küstenstreifen am Kap der drei Spitzen kontrollierten. Die Kolonie war jedoch von Anfang an mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert, wie dem Widerstand der einheimischen Bevölkerung, dem Konkurrenzkampf mit anderen europäischen Mächten, dem Mangel an Ressourcen und Personal, und dem Desinteresse der brandenburgischen Nachfolger des Großen Kurfürsten. Schließlich wurde die Kolonie 1717 an die Niederlande verkauft, die sie erst 1724 endgültig in Besitz nehmen konnten. Die Spuren der brandenburgischen Präsenz in Westafrika sind heute fast vollständig verschwunden, bis auf die Ruinen der Festung Groß-Friedrichsburg, die noch immer auf einem Hügel über dem Meer thront.

Die geostrategische Situation Westafrikas im 17. Jahrhundert

Westafrika war seit dem späten 15. Jahrhundert ein Ziel der europäischen Expansion und des Handels. Die Portugiesen waren die ersten, die die Küste erkundeten und Stützpunkte errichteten, um den Zugang zu den wertvollen Ressourcen der Region zu sichern. Sie nannten die Küste nach den wichtigsten Handelsgütern, die sie dort fanden: die Elfenbeinküste, die Pfefferküste, die Sklavenküste und die Goldküste. Die Goldküste war besonders begehrt, da sie reiche Goldvorkommen aufwies, die von den einheimischen Königreichen wie dem Aschantireich abgebaut wurden. Die Portugiesen mussten jedoch bald ihre Vorherrschaft an der Goldküste mit anderen europäischen Mächten teilen, die ebenfalls an dem lukrativen Handel interessiert waren.

Die Niederländer, die Briten, die Franzosen, die Schweden und die Dänen gründeten ebenfalls ihre eigenen Forts und Handelsstationen entlang der Küste, die oft von den Portugiesen erobert oder gekauft wurden. Dabei kam es immer wieder zu militärischen Konflikten und diplomatischen Verhandlungen zwischen den europäischen Rivalen, die versuchten, ihren Einflussbereich zu erweitern oder zu verteidigen. Die Europäer waren jedoch nicht die einzigen Akteure in der Region, sondern mussten auch die Beziehungen zu den lokalen Herrschern und Stämmen berücksichtigen, die oft ihre eigenen Interessen und Allianzen verfolgten. Die Europäer waren auf die Zustimmung und die Zusammenarbeit der Einheimischen angewiesen, um Handelsverträge abzuschließen, Land zu erwerben, Sklaven zu rekrutieren und ihre Forts zu schützen. Die Einheimischen nutzten ihrerseits die europäische Präsenz, um ihre eigene Macht und ihren eigenen Reichtum zu erhöhen, indem sie die Europäer gegeneinander ausspielten oder sich mit ihnen verbündeten.

Die maritime Ausgangssituation Brandenburg-Preußens im 17. Jahrhundert

Brandenburg-Preußen war im 17. Jahrhundert ein aufstrebender Staat in Mitteleuropa, der unter der Herrschaft des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688) seine territoriale und politische Macht erheblich ausbaute. Der Große Kurfürst war ein ehrgeiziger und fähiger Herrscher, der sich an den zahlreichen Kriegen seiner Zeit beteiligte, um seine Position zu stärken und seine Feinde zu schwächen. Er war besonders daran interessiert, seinen Zugang zur Ostsee zu sichern, die für ihn eine wichtige Quelle des Handels und der Sicherheit war. Er eroberte daher mehrere Gebiete von den Schweden, die damals die dominierende Seemacht in der Ostsee waren. Um seine maritimen Ambitionen zu verwirklichen, baute er eine eigene Kriegsflotte auf, die er unter der Leitung des niederländischen Admirals Benjamin Raule stellte. Raule war ein erfahrener Seefahrer und Händler, der dem Großen Kurfürsten seine Dienste anbot, nachdem er in Konflikt mit den Niederlanden geraten war. Er organisierte den Bau und die Ausrüstung von mehreren Fregatten und Kriegsschiffen, die in Pillau, dem befestigten Vorhafen von Königsberg, gefertigt wurden. Die brandenburgische Flotte nahm erfolgreich an mehreren Kriegshandlungen gegen die Schweden teil, wie der Belagerung von Stettin (1677), der Eroberung von Stralsund (1678) und der Einnahme von Rügen (1678).

Die brandenburgische Flotte zeigte auch ihre Fähigkeit, auf hoher See zu operieren, indem sie mehrere schwedische Schiffe kaperte und plünderte. Diese Erfolge ermutigten den Großen Kurfürsten, seine maritimen Aktivitäten über die Ostsee hinaus auszudehnen und sich an dem überseeischen Handel und der Kolonisation zu beteiligen, die damals von anderen europäischen Mächten wie den Niederlanden, Frankreich und England dominiert wurden. Der Große Kurfürst war sich bewusst, dass er einen wirtschaftlichen und politischen Rückstand aufholen musste, wenn er mit diesen Mächten konkurrieren wollte. Er war auch von dem Prestige und dem Ruhm angezogen, die mit dem Besitz von überseeischen Gebieten verbunden waren. Er gründete daher 1679 die Admiralität als die oberste Marinebehörde in Berlin und 1682 die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie als die Handelsgesellschaft, die für die Verwaltung und den Betrieb der überseeischen Unternehmungen zuständig war. Er verlegte auch den Kriegshafen und den Sitz der Compagnie von Königsberg nach Emden, um einen besseren Zugang zum Atlantik zu haben.

Die Gründung und der Aufbau der Kolonie Groß-Friedrichsburg

Der Große Kurfürst entschied sich, seine erste überseeische Kolonie in Westafrika zu gründen, da er von den Reichtümern und den Möglichkeiten, die diese Region bot, angezogen war. Er beauftragte daher 1682 den Kammerjunker Major Otto Friedrich von der Gröben, eine Expedition zur Goldküste zu leiten, um dort Handelskontakte zu knüpfen und Land zu erwerben. Von der Gröben war ein junger und abenteuerlustiger Offizier, der bereits Erfahrung im Seekrieg gegen die Schweden gesammelt hatte. Er erhielt zwei Schiffe, die Churprinz und die Morian.

Erste Handelsexpedition nach Westafrika, Vertragsunterzeichnung (1680–1681)

Die erste brandenburgische Expedition nach Westafrika wurde von dem Kaufmann Friedrich Martens geleitet, der bereits Erfahrung im Handel mit Spanien und Portugal hatte. Er erhielt vom Großen Kurfürsten den Auftrag, die Möglichkeiten des Handels mit Gold, Elfenbein und Sklaven an der Goldküste zu erkunden. Er segelte im Oktober 1680 mit dem Schiff Derfflinger von Emden aus los und erreichte im Dezember die Goldküste. Er besuchte mehrere europäische und afrikanische Handelsplätze und knüpfte Kontakte mit den lokalen Häuptlingen.

Er erwarb auch einige Sklaven, die er auf der dänischen Insel St. Thomas in der Karibik verkaufte. Er kehrte im Mai 1681 nach Emden zurück und berichtete dem Großen Kurfürsten von seinen Erfahrungen und Empfehlungen. Er schlug vor, dass Brandenburg eine eigene Kolonie an der Goldküste gründen sollte, um sich einen festen Platz im überseeischen Handel zu sichern. Er wies auch auf die günstige Gelegenheit hin, die sich durch den Tod des mächtigen Aschantikönigs Osei Tutu im Jahr 1680 ergab, der zu einer Schwächung des Aschantireichs und einer Zunahme der Unabhängigkeit der Küstenstämme führte. Er empfahl, dass Brandenburg sich mit dem Fürsten von Ahanta, einem der wichtigsten Küstenstämme, verbünden sollte, um Land und Schutz zu erhalten.

Der Große Kurfürst war von Martens‘ Bericht beeindruckt und beschloss, seinen Plänen zu folgen. Er ernannte Martens zum Direktor der neu gegründeten Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie und beauftragte ihn, eine zweite Expedition nach Westafrika zu leiten, um einen Vertrag mit dem Fürsten von Ahanta abzuschließen. Martens segelte im Oktober 1681 mit dem Schiff Morian von Emden aus los und erreichte im Dezember die Goldküste. Er traf sich mit dem Fürsten von Ahanta, der ihm freundlich gesinnt war, und schloss mit ihm am 16. Dezember 1681 einen Vertrag ab, der als „Großer Vertrag von Ahanta“ bekannt wurde. Der Vertrag sah vor, dass der Fürst von Ahanta Brandenburg ein Stück Land am Kap der drei Spitzen überließ, wo die Brandenburger eine Feste errichten und Handel treiben konnten. Der Fürst von Ahanta versprach auch, die Brandenburger vor Angriffen anderer Stämme oder Europäer zu schützen und ihnen Gold, Elfenbein und Sklaven zu liefern. Im Gegenzug versprach Brandenburg, dem Fürsten von Ahanta jährlich Geschenke zu machen, ihn militärisch zu unterstützen, wenn nötig, und ihm eine angemessene Abgabe für jeden Sklaven zu zahlen, den sie von ihm kauften. Der Vertrag wurde von beiden Seiten unterzeichnet und besiegelt und galt als der Grundstein für die brandenburgische Kolonie Groß-Friedrichsburg.

Quellen:

[1][1] Groß Friedrichsburg (Kolonie) – Wikipedia2

3 Großfriedrichsburg 1682-1717 – deutsche-schutzgebiete.de3

4 Deutschlands Colonialbestrebungen: Ruine Groß-Friedrichsburg4

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