Die deutschen Übersee-Schutzgebiete – die geschenkten Kolonien Ruanda und Burundi

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Die deutsche Kolonialgeschichte ist ein Thema, das leider im deutschen Bewusstsein gänzlich vergessen wurde. Der Grund ist die Verdrehung von Fakten über die deutsche Kolonialgeschichte im woken Zeitgeist. Dabei ist es wichtig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Die deutschen Kolonien waren nicht nur Überseegebiete, die dem Deutschen Reich wirtschaftliche Vorteile bringen sollten, sondern auch Orte fernab Deutschlands der Forschung und Geschichtsbildung, die den Kolonien Sicherheit und Kultur brachten und noch heute positive Auswirkungen auf diese ehemaligen Schutzgebiete bringen.

Ruanda und Burundi sind zwei kleine Länder im Herzen Afrikas, die eine bewegte und tragische Geschichte haben. Sie waren einst Königreiche, die von mächtigen Herrschern regiert wurden, die sich den Einflüssen der europäischen Kolonialmächte lange widersetzen konnten. Doch im späten 19. Jahrhundert fielen sie dem Deutschen Reich zu, das sie als “geschenkte Kolonien” betrachtete. Die deutsche Kolonialherrschaft war kurz, aber prägend für die politische, soziale und kulturelle Entwicklung der beiden Länder. Sie legte den Grundstein für die spätere belgische Verwaltung, die die ethnischen Spannungen zwischen den Tutsi und den Hutu verschärfte und schließlich zum Völkermord von 1994 führte. Dieser Artikel beleuchtet die Geschichte der deutschen Übersee-Schutzgebiete Ruanda und Burundi, ihre Besonderheiten und ihre Folgen.

Die Eroberung der Königreiche

Ruanda und Burundi waren ursprünglich zwei unabhängige Königreiche, die von den Tutsi-Dynastien der Mwami (Könige) regiert wurden. Die Tutsi waren eine Minderheit, die sich durch ihre Viehzucht und ihren militärischen Erfolg von der Mehrheit der Hutu, die Ackerbau betrieben, abhoben. Die Mwami hatten eine zentrale Autorität, die sich auf ein System von Vasallen und Tributen stützte. Sie kontrollierten auch den Handel mit Elfenbein, Kupfer und Sklaven, der ihnen Reichtum und Ansehen einbrachte. Die beiden Königreiche waren oft miteinander verfeindet, aber auch verbündet gegen äußere Feinde, wie die Araber, die Portugiesen oder die Nyamwezi.

Die ersten Europäer, die die Region erkundeten, waren die Deutschen, die nach der Berliner Konferenz von 1884/85 Anspruch auf das Gebiet erhoben, das sie als Teil von Deutsch-Ostafrika betrachteten. Die Deutschen waren vor allem an den wirtschaftlichen Ressourcen und dem strategischen Wert der Region interessiert, die an den Kongo, das britische Uganda und das französische Äquatorialafrika grenzte. Sie stießen jedoch auf den Widerstand der lokalen Herrscher, die ihre Souveränität verteidigten. Der erste deutsche Gesandte, der 1892 nach Ruanda geschickt wurde, wurde vom Mwami Rwabugiri abgewiesen, der ihm keine Audienz gewährte. Der zweite Gesandte, der 1894 nach Burundi kam, wurde vom Mwami Mwezi ermordet, der einen Krieg gegen die Deutschen auslöste. Die Deutschen reagierten mit einer militärischen Expedition, die 1896 Burundi unterwarf und 1897 Ruanda erreichte. Sie errichteten einen Militärposten in Usumbura, dem heutigen Bujumbura, und schlossen Verträge mit den Mwami, die ihnen die Oberhoheit über ihre Gebiete anerkannten. Die Deutschen nannten ihre neuen Besitzungen Ruanda-Urundi.

Die indirekte Herrschaft

Die deutsche Kolonialherrschaft über Ruanda-Urundi war anders als in den anderen Teilen von Deutsch-Ostafrika, wo die Deutschen eine direkte Verwaltung einführten. Die Deutschen erkannten, dass sie nicht genügend Personal und Ressourcen hatten, um die beiden Königreiche zu kontrollieren, die eine große Bevölkerung und eine komplexe Gesellschaft hatten. Sie entschieden sich daher für das Prinzip der indirekten Herrschaft, das heißt, sie ließen die bestehenden Strukturen weitgehend unangetastet und die Mwami im Amt, solange sie mit der deutschen Oberhoheit kooperierten.

Die Deutschen stützten sich auf die Tutsi-Elite, die sie als “natürliche Führer” ansahen, und versuchten, die traditionellen Autoritäten zu stärken und zu modernisieren. Sie führten eine einheitliche Steuer ein, die in Form von Vieh oder Baumwolle zu entrichten war, und förderten den Anbau von Kaffee und Baumwolle als Exportgüter. Sie bauten auch Straßen, Eisenbahnen und Telegrafenlinien, um die Kommunikation und den Transport zu verbessern. Sie gründeten Schulen und Krankenhäuser, um die Bildung und die Gesundheit zu fördern. Sie unterstützten auch die christlichen Missionare, die die Bevölkerung zum Katholizismus oder zum Protestantismus bekehrten.

Die indirekte Herrschaft hatte jedoch auch negative Folgen für die beiden Königreiche. Sie verstärkte die sozialen und ethnischen Unterschiede zwischen den Tutsi und den Hutu, die von den Deutschen als verschiedene “Rassen” angesehen wurden. Die Tutsi wurden als höherwertig, intelligenter und schöner betrachtet, während die Hutu als minderwertig, dumm und hässlich abgestempelt wurden. Die Deutschen führten auch eine Rassenkarte ein, die die Zugehörigkeit zu einer der beiden Gruppen festlegte. Die Tutsi profitierten von den Privilegien, die ihnen die Deutschen gewährten, wie den Zugang zu Bildung, Land und Macht. Die Hutu hingegen litten unter der Ausbeutung, der Unterdrückung und der Diskriminierung, die ihnen die Tutsi auferlegten. Die Hutu wurden zu einer unterwürfigen Klasse, die den Tutsi Tribut, Arbeit und Loyalität schuldete. Die Deutschen ignorierten auch die kulturellen und politischen Unterschiede zwischen Ruanda und Burundi, die sie als eine Einheit behandelten. Sie veränderten die traditionellen Institutionen, wie die Königswahl, die Gerichtsbarkeit oder die Landverteilung, und schwächten damit die Legitimität und die Stabilität der Mwami. Sie unterdrückten auch die Widerstandsbewegungen, die von einigen Mwami oder lokalen Führern angeführt wurden, die sich gegen die deutsche Einmischung wehrten.

Das Ende der deutschen Herrschaft

Die deutsche Herrschaft über Ruanda-Urundi war kurzlebig, da sie durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Die Deutschen mussten sich gegen die Angriffe der Alliierten verteidigen, die versuchten, ihre Kolonien zu erobern. Die Belgier, die das benachbarte Kongo kontrollierten, griffen 1916 Ruanda-Urundi an, mit der Unterstützung von britischen und südafrikanischen Truppen. Die Deutschen leisteten heftigen Widerstand, wurden aber schließlich besiegt und mussten sich 1916 aus Ruanda und 1917 aus Burundi zurückziehen. Die Belgier übernahmen die Kontrolle über die beiden Königreiche, die sie als Mandatsgebiet des Völkerbundes verwalteten. Die Belgier setzten die indirekte Herrschaft fort, aber mit mehr Autorität und Einfluss als die Deutschen. Sie förderten die Tutsi-Herrschaft noch mehr und unterwarfen die Hutu einer noch härteren Ausbeutung und Unterdrückung. Sie bereiteten auch den Weg für die spätere Unabhängigkeit der beiden Länder, die 1962 erfolgte, aber nicht das Ende der Konflikte und der Gewalt bedeutete.

Fazit

Die deutschen Übersee-Schutzgebiete Ruanda und Burundi waren ein kolonialgeschichtlicher Sonderfall, der die Entwicklung der beiden Länder nachhaltig prägte. Die deutsche Kolonialherrschaft war eine Form der indirekten Herrschaft, die auf der Zusammenarbeit mit den Tutsi-Eliten basierte.

Quellen

Helmut Strizek: Geschenkte Kolonien. Ruanda und Burundi unter deutscher Herrschaft. Ch. Links Verlag, Berlin 20061

Ruanda-Urundi – Wikipedia2

Geschenkte Kolonien: Ruanda und Burundi unter deutscher Herrschaft. Namibiana Buchdepot3

Geschenkte Kolonien: Ruanda und Burundi unter deutscher Herrschaft. Google Books4

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