Katastrophen der Menschheit – Mayak, eine der schlimmsten nuklearen Katastrophe

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Am 29. September 1957 ereignete sich in der Sowjetunion eine der schwersten nuklearen Katastrophen der Geschichte, die bis heute nur wenigen Menschen bekannt ist. In der geheimen Anlage Mayak, die für die Produktion von Plutonium für Atomwaffen zuständig war, explodierte ein Tank mit hochradioaktiven Abfällen und setzte enorme Mengen an Strahlung frei. Die Folgen waren verheerend: Tausende von Menschen wurden verstrahlt, Hunderte von Dörfern wurden evakuiert oder zerstört, und eine riesige Fläche von etwa 20.000 Quadratkilometern wurde kontaminiert. Die sowjetischen Behörden versuchten, den Unfall zu vertuschen und die Opfer zu ignorieren. Erst Jahrzehnte später kam die Wahrheit ans Licht.

Der Unfallhergang

Die Anlage Mayak wurde 1945 in aller Eile errichtet, um das sowjetische Atomwaffenprogramm voranzutreiben. Sie lag in der Nähe der Stadt Osjorsk (damals Tscheljabinsk-40) in der Oblast Tscheljabinsk, etwa 1500 Kilometer östlich von Moskau. Die Anlage bestand aus mehreren Reaktoren, Wiederaufbereitungsanlagen, Lagerstätten und anderen Einrichtungen. Die Sicherheitsstandards waren sehr niedrig, und die Arbeiter wurden ständig einer hohen Strahlendosis ausgesetzt. Die radioaktiven Abfälle, die bei der Plutoniumproduktion anfielen, wurden in großen Tanks gelagert, die gekühlt werden mussten, um eine Überhitzung zu vermeiden. Die Tanks waren unterirdisch in Beton eingefasst und mit schweren Deckeln versehen.

Im Jahr 1956 kam es zu einem Defekt an einem der Kühlsysteme, der nicht rechtzeitig bemerkt wurde. Der Inhalt eines der Tanks, der etwa 80 Tonnen flüssiger Abfälle enthielt, begann zu verdampfen und zu kristallisieren. Die Salzkristalle enthielten hohe Konzentrationen von langlebigen Radionukliden wie Strontium-90, Cäsium-137 und Plutonium-239. Die Nachzerfallswärme, die durch den radioaktiven Zerfall entstand, erhöhte die Temperatur im Tank immer weiter, bis es schließlich zu einer chemischen Explosion kam. Die Explosion war so stark, dass sie den Betondeckel des Tanks wegsprengte und eine Wolke aus radioaktivem Staub in die Luft schleuderte. Die Wolke stieg bis zu einer Höhe von etwa einem Kilometer auf und wurde vom Wind in nordöstlicher Richtung getragen. Dabei verteilte sie die radioaktiven Partikel über eine Fläche von etwa 20.000 Quadratkilometern, die als Ostural-Spur bekannt wurde. Die Strahlung, die bei dem Unfall freigesetzt wurde, wird auf etwa 400 Petabecquerel (PBq) geschätzt, was etwa der Hälfte der Strahlung entspricht, die bei der Tschernobyl-Katastrophe 1986 freigesetzt wurde.

Die Vertuschung und die Folgen

Die sowjetischen Behörden reagierten schnell, um den Unfall zu vertuschen. Sie sperrten das Gebiet ab und verboten jegliche Berichterstattung darüber. Die Bevölkerung wurde nicht über die Gefahren informiert, und es wurden keine angemessenen Schutzmaßnahmen ergriffen. Die Menschen, die in der Nähe der Anlage lebten, wurden weiterhin einer hohen Strahlung ausgesetzt, die zu schweren gesundheitlichen Schäden führte. Viele erkrankten an Krebs, Leukämie, Schilddrüsenproblemen, Fehlgeburten, Missbildungen und anderen Krankheiten. Die genaue Zahl der Todesopfer ist bis heute unbekannt, aber Schätzungen zufolge könnten es mehrere Tausend sein.

Die Behörden evakuierten einige der am stärksten betroffenen Dörfer, die anschließend dem Erdboden gleichgemacht wurden. Andere Dörfer blieben jedoch bewohnt, obwohl sie stark kontaminiert waren. Die Menschen, die dort lebten, wurden als Versuchskaninchen benutzt, um die Auswirkungen der Strahlung auf den menschlichen Körper zu erforschen. Sie wurden regelmäßig untersucht, aber nicht behandelt. Sie erhielten auch keine Entschädigung oder Anerkennung für ihr Leid. Sie wurden als “Strahlenopfer” stigmatisiert und diskriminiert.

Erst in den späten 1980er Jahren, nach der Perestroika, wurde der Unfall von Mayak öffentlich bekannt. Der sowjetische Physiker und Dissident Andrei Sacharow war einer der ersten, der darüber berichtete. Er nannte den Unfall “eine der größten Katastrophen der Menschheit”. Auch westliche Wissenschaftler und Journalisten begannen, sich für den Fall zu interessieren. Sie stießen jedoch auf viele Schwierigkeiten, um an verlässliche Informationen zu gelangen. Die Anlage Mayak und die Stadt Osjorsk blieben bis 1992 für die Öffentlichkeit gesperrt. Auch heute noch sind viele Dokumente über den Unfall geheim oder unzugänglich.

Die Umweltschäden, die durch den Unfall verursacht wurden, sind bis heute nicht behoben. Die kontaminierte Fläche ist immer noch stark verseucht und für Menschen und Tiere gefährlich. Die Anlage Mayak produziert weiterhin radioaktive Isotope und wiederaufbereitet Kernbrennstoffe. Dabei werden immer noch Abfälle in die Umwelt abgegeben, vor allem in den nahegelegenen Fluss Techa, der zu einem der am stärksten radioaktiv belasteten Gewässer der Welt geworden ist. Die Lagerstätten für die Abfälle sind veraltet und unsicher. Es besteht die Gefahr, dass es zu weiteren Unfällen oder Lecks kommen könnte, die eine neue Katastrophe auslösen könnten.

Die Mayak-Katastrophe ist ein trauriges Beispiel für die Risiken und Folgen der nuklearen Industrie, die oft von den Verantwortlichen verheimlicht oder verharmlost werden. Sie ist auch ein Mahnmal für die Leiden und den Widerstand der Menschen, die von der Strahlung betroffen sind. Sie verdienen unsere Solidarität und unsere Unterstützung, um ihre Rechte und ihre Würde zu verteidigen.

Quellen

1: Kyschtym-Unfall – Wikipedia 2: Kerntechnische Anlage Majak – Wikipedia 3: Kyshtym disaster – Wikipedia 4: Kyshtym Atomunfall. Mayak, Russland

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