Katastrophen der Menschheit – heimtückisch verstrahlt von THERAC-25

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Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.

Die Strahlentherapie ist eine der wichtigsten Behandlungsmethoden für Krebspatienten. Dabei werden gezielt radioaktive Strahlen auf die bösartigen Zellen gerichtet, um sie zu zerstören. Doch was, wenn die Strahlen zu stark sind und gesundes Gewebe verbrennen oder zerreißen? Was, wenn die Maschine, die die Strahlen erzeugt, durch einen Softwarefehler außer Kontrolle gerät und die Patienten mit tödlichen Dosen überflutet?

Das ist genau das, was zwischen 1985 und 1987 mit dem Therac-25 passierte, einem Linearbeschleuniger, der von der kanadischen Regierungsfirma Atomic Energy of Canada Limited (AECL) hergestellt wurde. Der Therac-25 war ein fortschrittliches Gerät, das zwei Arten von Strahlung anbieten konnte: Elektronenstrahlen für flache Tumore und Röntgenstrahlen für tiefer liegende Tumore. Die Röntgenstrahlen waren viel stärker und mussten durch ein spezielles Target aus Wolfram erzeugt werden, das vor dem Elektronenstrahl platziert wurde. Außerdem mussten die Magnete, die den Strahl fokussierten, entsprechend eingestellt werden.

Der Therac-25 war der erste Linearbeschleuniger, der vollständig von einem Computer gesteuert wurde. Der Bediener musste nur den gewünschten Modus und die Dosis auswählen, und die Maschine würde automatisch die richtigen Teile in Position bringen. Das sollte die Behandlung schneller und sicherer machen. Doch in Wirklichkeit war die Software fehlerhaft und unzureichend getestet. Sie enthielt mehrere Programmfehler, die dazu führten, dass die Maschine manchmal die falsche Strahlungsart oder -stärke abgab, ohne dass der Bediener oder der Patient es merkten. Die Software war auch so programmiert, dass sie die meisten Fehlermeldungen ignorierte oder überschrieb, sodass die Behandlung fortgesetzt werden konnte.

Insgesamt gab es sechs bekannte Unfälle mit dem Therac-25, bei denen die Patienten mit bis zu 100-fachen der normalen Dosis bestrahlt wurden. Drei von ihnen starben an den Folgen, drei weitere erlitten schwere Verletzungen wie Verbrennungen, Geschwüre, Lähmungen oder Amputationen. Die Unfälle ereigneten sich in verschiedenen Kliniken in den USA und Kanada, und es dauerte lange, bis die Ursache gefunden wurde.

Der erste bekannte Unfall ereignete sich am 3. Juni 1985 im Kennestone Regional Oncology Center in Georgia. Eine Frau namens Katy Yarbrough erhielt eine Bestrahlung mit 10 MeV Elektronen für ihren Brustkrebs. Doch als sich die Maschine einschaltete, fühlte sie plötzlich das, was sie später als „glühendes Gefühl“ bezeichnete, als wäre sie verbrannt worden2An der Bestrahlungsstelle waren zu diesem Zeitpunkt keine Spuren zu sehen, doch die Patientin klagte später gegen den Hersteller, nachdem ihr Arm und ihre Schulter unbeweglich wurden und chronische Schmerzen verursachten1Die Klage wurde durch einen außergerichtlichen Vergleich beigelegt1.

Der zweite Unfall geschah am 26. Juli 1985 in der Ontario Cancer Foundation in Kanada. Ein 40-jähriger Mann namens Douglas Gryzwa erhielt eine Bestrahlung mit 10 MeV Elektronen für seinen Halskrebs. Doch als die Maschine anging, spürte er einen „elektrischen Schlag“ und hörte ein „knallendes Geräusch“2. Er sprang vom Tisch und rannte aus dem Raum. Sein Gesicht war angeschwollen und gerötet, und er hatte starke Schmerzen. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, wo er zwei Tage später an einer Hirnblutung starb2.

Der dritte Unfall ereignete sich am 21. März 1986 im East Texas Cancer Center in Texas. Eine 56-jährige Frau namens Verda Mae Gage erhielt eine Bestrahlung mit 25 MeV Elektronen für ihren Hüftkrebs. Doch als die Maschine losging, spürte sie einen „stechenden Schmerz“ und hörte ein „scharfes Zischen“2. Sie schrie vor Schmerz und bat den Bediener, die Maschine abzuschalten. Doch es war zu spät. Sie hatte eine schwere Verbrennung an ihrer Hüfte erlitten, die sich später zu einem Loch entwickelte, das bis zum Knochen reichte2. Sie musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen, um das Loch zu schließen, und litt unter chronischen Schmerzen und Depressionen. Sie starb fünf Monate später an einer Lungenembolie2.

Der vierte Unfall geschah am 11. April 1986 im selben East Texas Cancer Center. Ein 26-jähriger Mann namens Scott Jerome-Parks erhielt eine Bestrahlung mit 25 MeV Elektronen für seinen Hirntumor. Doch als die Maschine anging, spürte er einen „brennenden Schmerz“ und hörte ein „lautes Summen“2. Er schrie und versuchte, sich vom Tisch zu befreien, doch der Bediener hielt ihn fest. Er hatte eine massive Überdosis an Strahlung erhalten, die sein Gehirn und sein Gesicht verbrannte. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, wo er drei Wochen lang im Koma lag. Er wachte auf, konnte aber nicht sprechen oder sich bewegen. Er starb drei Monate später an einer Lungenentzündung2.

Der fünfte Unfall ereignete sich am 17. Januar 1987 im Yakima Valley Memorial Hospital in Washington. Eine 37-jährige Frau namens Janice Halberg erhielt eine Bestrahlung mit 10 MeV Elektronen für ihren Beckenkrebs. Doch als die Maschine losging, spürte sie einen „scharfen Schmerz“ und hörte ein „knackendes Geräusch“2. Sie schrie und bat den Bediener, die Maschine abzuschalten. Doch es war zu spät. Sie hatte eine schwere Verbrennung an ihrem Becken erlitten, die sich später zu einem Loch entwickelte, das bis zum Knochen reichte2. Sie musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen, um das Loch zu schließen, und litt unter chronischen Schmerzen und Depressionen. Sie überlebte, aber ihr Leben war für immer verändert2.

Der sechste und letzte Unfall geschah am 13. April 1987 im Yakima Valley Memorial Hospital. Eine 59-jährige Frau namens Gloria Quimby erhielt eine Bestrahlung mit 10 MeV Elektronen für ihren Brustkrebs. Doch als die Maschine anging, spürte sie einen „stechenden Schmerz“ und hörte ein „knallendes Geräusch“2. Sie schrie und bat den Bediener, die Maschine abzuschalten. Doch es war zu spät. Sie hatte eine schwere Verbrennung an ihrer Brust erlitten, die sich später zu einem Loch entwickelte, das bis zum Knochen reichte2. Sie musste mehrere Operationen über sich ergehen lassen, um das Loch zu schließen, und litt unter chronischen Schmerzen und Depressionen. Sie überlebte, aber ihr Leben war für immer verändert2.

AECL leugnete zunächst jede Verantwortung und behauptete, dass die Maschine sicher sei und die Fehler auf Bedienungsfehler oder andere Faktoren zurückzuführen seien. Erst nach einer gründlichen Untersuchung durch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) und unabhängige Experten wurden die Softwarefehler identifiziert und korrigiert.

Der Therac-25-Skandal ist einer der folgenschwersten Fehler in der Geschichte der Softwareentwicklung und ein oft studiertes Lehrbeispiel für Anforderungen an Software in sicherheitsrelevanten Bereichen. Er zeigt, wie wichtig es ist, Software gründlich zu testen, zu dokumentieren und zu überwachen, bevor sie in kritischen Anwendungen eingesetzt wird. Er zeigt auch, wie wichtig es ist, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Anwendern, Behörden und Patienten zu verbessern, um Fehler zu vermeiden oder schnell zu beheben. Vor allem zeigt er, wie viel Schaden Software anrichten kann, wenn sie nicht sorgfältig und verantwortungsvoll entwickelt wird.

Quellen:

Therac-25 – Wikipedia

Die schlimmsten Softwarefehler der Welt: Die Therac-25-Katastrophe

The Therac-25 Incident – The Daily WTF

The deadly case of the Therac-25: a warning for medical AI

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