Kriege und Konflikte – Iran-Irak-Krieg (1980–1988)

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Die Welt ist seit 1945 von zahlreichen Kriegen und Konflikten geprägt, die Millionen von Menschenleben gefordert haben. Einige der größten und blutigsten Kriege waren der Zweite Weltkrieg, der Chinesische Bürgerkrieg, der Koreakrieg, der Vietnamkrieg, der Iran-Irak-Krieg und der Syrische Bürgerkrieg. Diese Kriege wurden aus verschiedenen Gründen geführt, wie zum Beispiel ideologische, ethnische, religiöse oder territoriale Konflikte. In dieser Artikelreihe werden wir einen Überblick über die wichtigsten Kriege und Konflikte seit 1945 weltweit geben und ihre Ursachen, Verläufe und Folgen analysieren.

Der Iran-Irak-Krieg war einer der längsten und verheerendsten Kriege des 20. Jahrhunderts. Er begann am 22. September 1980 mit dem Einmarsch irakischer Truppen in den Iran und endete am 20. August 1988 mit einem Waffenstillstand, der von den Vereinten Nationen vermittelt wurde. In den acht Jahren des Krieges starben schätzungsweise eine Million Menschen, Millionen wurden verletzt oder vertrieben, und beide Länder erlitten enorme wirtschaftliche und ökologische Schäden.

Die Ursachen des Krieges

Die Wurzeln des Konflikts zwischen dem Iran und dem Irak reichen weit in die Geschichte zurück. Beide Länder waren einst Teil des persischen Reiches, das sich vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. über weite Teile des Nahen Ostens erstreckte. Mit der islamischen Expansion im 7. Jahrhundert kam es zu einer Spaltung zwischen den Anhängern von Ali ibn Abi Talib, dem Cousin und Schwiegersohn des Propheten Mohammed, und denen von Abu Bakr, einem engen Gefährten des Propheten. Die Anhänger von Ali wurden als Schiiten bekannt, die von Abu Bakr als Sunniten. Die Schiiten glaubten, dass nur die direkten Nachkommen von Ali das Recht hatten, die islamische Gemeinschaft zu führen, während die Sunniten akzeptierten, dass die Führung durch Konsens oder Wahl bestimmt werden konnte.

Die Schiiten wurden im Laufe der Geschichte oft unterdrückt und diskriminiert von den sunnitischen Herrschern, die die Mehrheit der islamischen Welt kontrollierten. Der Iran wurde im 16. Jahrhundert zum Zentrum des schiitischen Islams, als die Safawiden-Dynastie die Zwölfer-Schia zur Staatsreligion erklärte. Der Irak hingegen blieb unter dem Einfluss der sunnitischen Osmanen und später der Briten, die das Land nach dem Ersten Weltkrieg als Mandatsgebiet verwalteten.

Die Grenze zwischen dem Iran und dem Irak war immer umstritten, vor allem wegen des Zugangs zum Schatt al-Arab, dem Fluss, der aus der Vereinigung des Euphrat und des Tigris entsteht und in den Persischen Golf mündet. Der Schatt al-Arab ist eine wichtige Wasserquelle und eine strategische Route für den Öltransport. Im Jahr 1975 schlossen der Iran und der Irak das Abkommen von Algier, das die Grenze entlang der Mitte des Flusses festlegte und den iranischen Anspruch auf drei Inseln im Persischen Golf anerkannte.

Das Abkommen wurde jedoch bald gebrochen, als sich die politische Situation in beiden Ländern dramatisch veränderte. Im Iran kam es 1979 zu einer islamischen Revolution, die das autoritäre Regime des Schahs Mohammad Reza Pahlavi stürzte und eine theokratische Republik unter der Führung von Ayatollah Ruhollah Khomeini einführte. Khomeini rief zu einem „Export“ der Revolution auf und unterstützte schiitische Gruppen in anderen Ländern, einschließlich des Iraks, wo die Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung stellten, aber von einer sunnitisch dominierten Elite unterdrückt wurden.

Im Irak übernahm Saddam Hussein 1979 die Macht nach einem internen Putsch in der Baath-Partei, die seit 1968 das Land regierte. Saddam strebte nach regionaler Hegemonie und nutzte den Ölreichtum des Landes, um seine Armee aufzurüsten. Er sah in dem geschwächten Iran eine Gelegenheit, seine Grenzen zu erweitern und seine Kontrolle über den Schatt al-Arab zu erhöhen. Er befürchtete auch, dass die iranische Revolution seine eigene Herrschaft bedrohen könnte, indem sie Unruhen unter den irakischen Schiiten anstachelte.

Der Verlauf des Krieges

Am 22. September 1980 startete der Irak eine großangelegte Invasion in den Iran mit dem Ziel, die ölreichen Provinzen Chuzestan und Khuzestan zu erobern und den Schatt al-Arab unter seine vollständige Kontrolle zu bringen. Der Iran war militärisch unvorbereitet und politisch isoliert, da die meisten westlichen und arabischen Länder den Irak unterstützten oder neutral blieben. Der Irak erzielte anfangs einige Erfolge, stieß aber bald auf den erbitterten Widerstand der iranischen Armee und der Revolutionsgarden, einer paramilitärischen Einheit, die Khomeini loyal war. Die iranischen Streitkräfte nutzten ihre zahlenmäßige Überlegenheit und ihre religiöse Motivation, um den irakischen Vormarsch zu stoppen und zum Gegenangriff überzugehen.

Der Krieg entwickelte sich zu einem Stellungskrieg, der an den Ersten Weltkrieg erinnerte. Beide Seiten griffen auf Grabenkämpfe, Artilleriebeschuss, Giftgas, Landminen und Menschenwellen zurück, um die feindlichen Linien zu durchbrechen. Die Verluste waren enorm, vor allem unter den iranischen Freiwilligen, die oft ohne ausreichende Waffen oder Ausbildung in den Kampf geschickt wurden. Der Krieg breitete sich auch auf andere Gebiete aus, wie die kurdischen Regionen im Norden des Iraks, wo die iranische Regierung die separatistischen Aufstände unterstützte, oder den Persischen Golf, wo beide Seiten versuchten, die Ölversorgung des Gegners zu unterbrechen.

Der Krieg wurde auch zu einem Schauplatz für den Kalten Krieg und die Rivalität zwischen den regionalen Mächten. Der Irak erhielt finanzielle und militärische Hilfe von seinen arabischen Nachbarn, vor allem Saudi-Arabien und Kuwait, die den schiitischen Einfluss des Iran fürchteten. Er erhielt auch Waffen und Geheimdienstinformationen von der Sowjetunion, Frankreich und den Vereinigten Staaten, die den Iran als eine Bedrohung für ihre Interessen in der Region ansahen. Der Iran hingegen war weitgehend auf sich selbst gestellt, da er sich mit seinem antiwestlichen und antiimperialistischen Diskurs viele Feinde gemacht hatte. Er konnte jedoch einige Waffen aus China, Nordkorea und Libyen beschaffen.

Trotz der internationalen Vermittlungsbemühungen weigerten sich beide Seiten, einen Waffenstillstand zu akzeptieren oder an Friedensgesprächen teilzunehmen. Der Iran bestand auf der bedingungslosen Kapitulation des Iraks und der Absetzung von Saddam Hussein. Der Irak bestand auf der Anerkennung seiner territorialen Ansprüche und der Zahlung von Reparationen durch den Iran. Der Krieg ging weiter, bis 1988 eine Pattsituation erreicht wurde. Der Iran war militärisch erschöpft und wirtschaftlich ruiniert. Er stand auch unter dem Druck der Vereinten Nationen, die mehrere Resolutionen verabschiedeten, die ein Ende des Krieges forderten. Der Irak war ebenfalls geschwächt und verschuldet. Er sah sich auch einer wachsenden internationalen Kritik ausgesetzt, vor allem wegen seines Einsatzes von chemischen Waffen gegen iranische Soldaten und kurdische Zivilisten.

Am 20. August 1988 akzeptierten beide Seiten schließlich die Resolution 598 des UN-Sicherheitsrates, die einen Waffenstillstand anordnete und eine internationale Kommission zur Klärung der Grenzfragen einsetzte. Der Krieg endete ohne einen klaren Sieger oder einen Friedensvertrag. Die Grenze blieb im Wesentlichen unverändert. Die Feindseligkeiten zwischen dem Iran und dem Irak flammten jedoch wieder auf, als der Irak 1990 Kuwait überfiel und einen neuen Golfkrieg auslöste.

Die Folgen des Krieges

Der Iran-Irak-Krieg hatte verheerende Folgen für beide Länder und die Region. Er forderte rund eine Million Tote, zwei Millionen Verletzte und vier Millionen Flüchtlinge. Er zerstörte große Teile der Infrastruktur, der Industrie und der Landwirtschaft. Er verschärfte die sozialen Spannungen zwischen verschiedenen

ethnischen und religiösen Gruppen, die in beiden Ländern lebten. Er verstärkte auch die ideologischen und geopolitischen Spaltungen in der islamischen Welt, die bis heute andauern.

Der Iran wurde nach dem Krieg noch stärker von der internationalen Gemeinschaft isoliert und sanktioniert. Er verlor auch viele seiner Verbündeten und Freunde, wie Syrien, das sich dem Irak im Golfkrieg anschloss, oder Libyen, das seine diplomatischen Beziehungen zum Iran abbrach. Der Iran versuchte, seine regionale Rolle zu stärken, indem er seine Beziehungen zu Russland, China und einigen lateinamerikanischen Ländern vertiefte. Er unterstützte auch schiitische Milizen und politische Parteien im Libanon, im Irak, in Syrien und im Jemen, was zu weiteren Konflikten mit seinen sunnitischen Rivalen führte.

Der Irak wurde nach dem Krieg von einer schweren Wirtschaftskrise geplagt, die durch den Golfkrieg und die anschließenden UN-Sanktionen verschärft wurde. Er verlor auch seine militärische Überlegenheit und seine politische Legitimität. Saddam Hussein blieb an der Macht, indem er seine Repression gegen die Opposition und die Minderheiten verstärkte. Er wurde jedoch 2003 von einer US-geführten Koalition gestürzt, die den Irak unter dem Vorwand einer Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen angriff. Der Irak versank in einen Bürgerkrieg zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen, der bis heute andauert.

Der Iran-Irak-Krieg war ein tragisches Kapitel in der Geschichte des Nahen Ostens. Er zeigte die Brutalität und Sinnlosigkeit des Krieges, der viele Menschenleben kostete und viele Hoffnungen zerstörte. Er zeigte auch die Komplexität und Vielfalt der Region, die oft von externen Akteuren missverstanden oder ignoriert wurde. Er hinterließ eine tiefe Wunde in den Herzen und Köpfen der Menschen, die ihn erlebten oder davon betroffen waren. Er erfordert eine kritische Reflexion und eine ehrliche Aussöhnung, um die Vergangenheit aufzuarbeiten und eine bessere Zukunft zu gestalten.

Dieser Konflikt kostete 1 – 2 Millionen Menschen das Leben.

Quellen

  • [Iran-Iraq War], Encyclopaedia Britannica, abgerufen am 8. September 2023.

  • [Iran-Iraq War (1980-1988)], GlobalSecurity.org, abgerufen am 8. September 2023.

  • [The Iran-Iraq War: A Military and Strategic History], Williamson Murray und Kevin M. Woods, Cambridge University Press, 2014.

  • [The Iran-Iraq War: A Reassessment], David R. Stone, Routledge, 2019.

  • [The Iran-Iraq War: New International Perspectives], Nigel Ashton und Bryan Gibson (Hrsg.), Routledge, 2013.

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