Kriege und Konflikte: Der Chinesische Bürgerkrieg 1927 – 1959

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Die Welt ist seit 1945 von zahlreichen Kriegen und Konflikten geprägt, die Millionen von Menschenleben gefordert haben. Einige der größten und blutigsten Kriege waren der Zweite Weltkrieg, der Chinesische Bürgerkrieg, der Koreakrieg, der Vietnamkrieg, der Iran-Irak-Krieg und der Syrische Bürgerkrieg. Diese Kriege wurden aus verschiedenen Gründen geführt, wie zum Beispiel ideologische, ethnische, religiöse oder territoriale Konflikte. In dieser Artikelreihe werden wir einen Überblick über die wichtigsten Kriege und Konflikte seit 1945 weltweit geben und ihre Ursachen, Verläufe und Folgen analysieren.

Der Chinesische Bürgerkrieg war ein militärischer Konflikt von 1927 bis 1949 um die politische Führung im Lande. Er brach nach der kurzen, weltweiten Ära bürgerlicher Revolutionen des beginnenden 20. Jahrhunderts aus, die sich im nachrevolutionären China durch eine häufige Abfolge bürgerlicher Regierungen der Beiyang-Zeit sowie wechselnde Allianzen von Warlords auszeichnete1. Der insgesamt 22 Jahre dauernde Bürgerkrieg wurde durch Pausen wie das Stillhalteabkommen 1937–1946 während der japanischen Invasion unterbrochen (siehe Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg) und endete erst in der Ära des Kalten Krieges1.

Die Gegner im späteren chinesischen Bürgerkrieg

Im Jahre 1911 endete die zweitausendjährige Herrschaft chinesischer Kaiser über China. Ein Jahr später wurde die Chinesische Republik ausgerufen. Die Republik umfasste ein riesiges Territorium. Da sich in den ersten Jahren nach Entstehung der Republik aber weder eine stabile zentrale Regierung noch ein neues einheitliches politisches System herausbildeten, lag die reale Herrschaft bei vielen sogenannten Kriegsherren. Diese beherrschten, häufig gestützt auf militärische Macht und verharrend in der alten gesellschaftlichen Ordnung, nur einzelne Regionen. Sie nutzen ihre Position oftmals auch nur ausschließlich zum eigenen Vorteil aus2. In dieser Situation des gesellschaftlichen Stillstandes und politischen Machtvakuums entwickelte sich ab 1919 eine nationalistische Bewegung. Vertreter dieser Nationalbewegung forderten, dabei auf westliches Gedankengut zurückgreifend, den Bruch mit den althergebrachten Denk- und Herrschaftsstrukturen sowie die Modernisierung der chinesischen Gesellschaft2. Aus ihr bezogen aber auch jene Kräfte ihre Legitimation und Bedeutung, die in der chinesische Nationalpartei, die Kuomintang (KMT), und in der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), in den folgenden Jahrzehnten die Geschicke des Landes bestimmten.

Die Kuomintang

Die schon 1912 gegründete Kuomintang (KMT) hatte sich unter ihrem Gründer, den als „Vaters der chinesischen Revolution“ bezeichneten SUN YAT-SEN, zunächst die nationale Erneuerung auf die Fahnen geschrieben2. Nach seinem Tod im Jahr 1925 übernahm CHIANG KAI-SHEK die Führung der Partei und setzte sich zum Ziel, China unter seiner Kontrolle zu vereinen. Er verfolgte dabei einen autoritären und antikommunistischen Kurs, der sich vor allem auf die städtische Mittelklasse und das Militär stützte2. Die KMT erhielt Unterstützung von westlichen Mächten wie den Vereinigten Staaten und Deutschland sowie von regionalen Warlords, die ihre Macht behalten wollten1.

Die Kommunistische Partei Chinas

Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) wurde 1921 gegründet und stand unter dem Einfluss der Sowjetunion und des Kominterns1. Sie vertrat die Interessen der Bauern, der Arbeiter und der nationalen Minderheiten, die unter der KMT-Herrschaft benachteiligt wurden2. Ihr bekanntester Führer war MAO ZEDONG, der eine Strategie des langen Volkskrieges entwickelte, bei der er auf den Aufbau einer breiten Basis in den ländlichen Gebieten setzte2. Die KPCh erhielt Unterstützung von der Sowjetunion und anderen kommunistischen Ländern sowie von einigen progressiven Warlords, die eine soziale Reform wollten1.

Die Phasen des chinesischen Bürgerkrieges

Der chinesische Bürgerkrieg lässt sich in drei Phasen einteilen: die erste Phase von 1927 bis 1937, die zweite Phase von 1937 bis 1946 und die dritte Phase von 1946 bis 1949.

Die erste Phase: 1927 – 1937

Die erste Phase des Bürgerkrieges begann, als CHIANG KAI-SHEK im April 1927 einen Putsch gegen die KPCh durchführte, die bis dahin mit der KMT kooperiert hatte. Er ließ Tausende von Kommunisten und ihren Sympathisanten in Shanghai und anderen Städten ermorden, was als „Weiße Terror“ bekannt wurde1. Die KPCh reagierte mit dem „Herbst-Ernte-Aufstand“ im September 1927, der jedoch niedergeschlagen wurde. MAO ZEDONG führte daraufhin einen Teil der überlebenden Kommunisten in die Berge von Jiangxi, wo er die Chinesische Sowjetrepublik ausrief1.

Die KMT startete mehrere Feldzüge, um die Kommunisten zu vernichten, die als „Einkreisungs- und Vernichtungskampagnen“ bezeichnet wurden. Die ersten vier Feldzüge scheiterten an der Guerillataktik der Kommunisten, die sich auf ihre lokale Unterstützung verließen1. Der fünfte Feldzug war jedoch erfolgreicher, da die KMT eine Blockade errichtete, die die Kommunisten von Nahrungsmitteln und Nachschub abschnitt. Die Kommunisten beschlossen daher, im Oktober 1934 aus Jiangxi zu fliehen, was als „Langer Marsch“ in die Geschichte einging1. Von den etwa 100.000 Kommunisten, die sich auf den Marsch begaben, erreichten nur etwa 10.000 das Ziel in Yan’an in Shaanxi im Oktober 19351. Auf dem Weg dorthin kam es zu mehreren Schlachten und internen Machtkämpfen, bei denen MAO ZEDONG seine Führungsposition festigte1.

Die KMT verfolgte die Kommunisten weiterhin, aber ihre Aufmerksamkeit wurde bald von einer größeren Bedrohung abgelenkt: dem imperialistischen Japan, das seit dem Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg (1894–1895) territoriale Ansprüche auf China erhob. Japan nutzte den Vorfall an der Marco-Polo-Brücke im Juli 1937 als Vorwand, um einen großangelegten Angriff auf China zu starten, der den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg auslöste1.

Die zweite Phase: 1937 – 1946

Die zweite Phase des Bürgerkrieges war durch eine vorübergehende Zusammenarbeit zwischen der KMT und der KPCh gegen den gemeinsamen Feind Japan gekennzeichnet. Die beiden Parteien schlossen im Dezember 1936 ein Stillhalteabkommen, nachdem CHIANG KAI-SHEK von einem seiner Generäle entführt worden war, der ihn zur Kooperation mit den Kommunisten zwingen wollte1. Dieser Vorfall ist als „Xi’an-Zwischenfall“ bekannt. Die KMT und die KPCh bildeten eine Einheitsfront gegen Japan, aber sie verfolgten unterschiedliche Strategien. Die KMT konzentrierte sich auf konventionelle Schlachten gegen die japanischen Invasoren, während die KPCh ihre Basis in den ländlichen Gebieten ausbaute und Guerillaaktionen durchführte1. Die KMT erlitt schwere Verluste an Menschen und Material und musste ihre Hauptstadt mehrmals verlegen. Die KPCh hingegen gewann an Popularität und Stärke unter der Bevölkerung. Die Spannungen zwischen den beiden Parteien nahmen zu, da sie sich gegenseitig des Verrats und der Sabotage beschuldigten1.

Der Zweite Japanisch-Chinesische Krieg endete mit der Kapitulation Japans im August 1945 nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki durch die Vereinigten Staaten1.

Die dritte Phase: 1946 – 1949

Die dritte Phase des Bürgerkrieges begann, nachdem die Verhandlungen zwischen der KMT und der KPCh über eine friedliche Nachkriegsordnung gescheitert waren. Die beiden Parteien standen sich nun in einem offenen Konflikt gegenüber, der von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion beeinflusst wurde, die jeweils ihre Verbündeten unterstützten. Die KMT hatte zunächst einen Vorteil in Bezug auf Truppenstärke, Ausrüstung und internationale Anerkennung, aber sie litt unter Korruption, Inflation und Unpopularität. Die KPCh hatte einen Vorteil in Bezug auf Moral, Disziplin und Volksunterstützung, aber sie litt unter Mangel an Waffen und Ressourcen.

Der Bürgerkrieg verlief in mehreren Etappen, bei denen die KPCh allmählich die Oberhand gewann. Die erste Etappe war die Strategische Offensive (1946–1947), bei der die KMT versuchte, die Kommunisten aus ihren Basen in Nordchina zu vertreiben, aber dabei schwere Verluste erlitt. Die zweite Etappe war die Strategische Defensive (1947–1948), bei der die KPCh ihre Positionen konsolidierte und Gegenangriffe startete, die die KMT weiter schwächten. Die dritte Etappe war die Strategische Gegenoffensive (1948–1949), bei der die KPCh eine Reihe von entscheidenden Schlachten gewann, die das Schicksal des Krieges besiegelten. Zu diesen Schlachten gehörten die Schlacht von Huaihai, die Schlacht von Pingjin und die Schlacht um den Yangtze-Fluss.

Die KMT wurde aus dem chinesischen Festland vertrieben und zog sich nach Taiwan zurück, wo sie bis heute regiert. Die KPCh proklamierte am 1. Oktober 1949 in Peking die Gründung der Volksrepublik China (VR China), die bis heute das chinesische Festland kontrolliert. Der Bürgerkrieg endete offiziell im Jahr 1959 mit dem Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens zwischen der VR China und Taiwan.

Die Folgen des chinesischen Bürgerkrieges

Der chinesische Bürgerkrieg hatte weitreichende Folgen für China und die Welt. Er führte zu einer Teilung Chinas in zwei rivalisierende Staaten, die bis heute besteht. Er führte auch zu einem ideologischen Konflikt zwischen Kommunismus und Nationalismus, der sich in den folgenden Jahrzehnten in verschiedenen Krisen wie dem Koreakrieg, der Taiwan-Krise und der Kulturrevolution manifestierte. Er führte zudem zu einem sozialen und wirtschaftlichen Wandel in China, der sowohl positive als auch negative Auswirkungen hatte. Auf der einen Seite führte er zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für viele Chinesen, insbesondere für die Bauern und Arbeiter, die von der Landreform und der Industrialisierung profitierten. Auf der anderen Seite führte er zu einer Unterdrückung der politischen Freiheiten und Menschenrechte sowie zu einer Zerstörung vieler kultureller und historischer Schätze.

Der chinesische Bürgerkrieg war somit ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte Chinas, der das Land für immer veränderte.

Schätzungsweise 8 – 11 Millionen Menschen kamen bei diesen Konflikten ums Leben.

Quellen

  • [1]: Wikipedia: Chinesischer Bürgerkrieg

  • [2]: Bundeszentrale für politische Bildung: Der chinesische Bürgerkrieg

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