Vergessene Genozide im Jugoslawienkrieg – Konzentrationslager Stara Gradiška

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Genozide sind die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die je begangen wurden. Sie zeugen von Hass, Intoleranz und Grausamkeit gegenüber bestimmten Gruppen von Menschen, die aufgrund ihrer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Zugehörigkeit verfolgt und vernichtet werden sollen. Doch nicht alle Genozide sind gleich bekannt oder anerkannt. Viele von ihnen sind vergessen oder verdrängt worden, sowohl von den Tätern als auch von der Weltöffentlichkeit. In dieser Artikelreihe wollen wir einige dieser vergessenen Genozide vorstellen und ihre Ursachen, Folgen und Aufarbeitung beleuchten.

Der Jugoslawienkrieg, der von 1991 bis 1995 andauerte, war einer der blutigsten Konflikte in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Er forderte mehr als 100.000 Todesopfer und vertrieb Millionen von Menschen aus ihren Heimatländern1 Während die Weltöffentlichkeit vor allem auf die Massaker in Srebrenica, Sarajevo oder Vukovar aufmerksam wurde, blieben viele andere Verbrechen an der Zivilbevölkerung weitgehend unbeachtet oder ungesühnt. Eines dieser Verbrechen war die Errichtung und der Betrieb eines Konzentrationslagers in Stara Gradiška, einem kleinen Ort an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina.

Stara Gradiška war kein gewöhnliches Gefangenenlager, sondern ein Ort des systematischen Mordens, Folterns und Vergewaltigens von Zivilisten, die vorwiegend serbischer oder muslimischer Abstammung waren2 Das Lager wurde von kroatischen Paramilitärs der sogenannten Hrvatske obrambene snage (HOS) unter dem Kommando von Ante Prkačin errichtet, einem ehemaligen Offizier der jugoslawischen Armee, der sich dem nationalistischen Flügel der kroatischen Unabhängigkeitsbewegung anschloss3 Die HOS war eine radikale Splittergruppe der kroatischen Armee, die eng mit der faschistischen Ustascha-Bewegung aus dem Zweiten Weltkrieg verbunden war.

Das Lager befand sich in einem ehemaligen Gefängnis aus der Zeit des Königreichs Jugoslawien, das bereits im Zweiten Weltkrieg von den Ustascha als Vernichtungslager für Serben, Juden und Roma genutzt worden war. Die HOS übernahm das Gebäude im Juli 1991 und begann sofort mit der Inhaftierung von Zivilisten aus den umliegenden Dörfern, die sie als potenzielle Feinde oder Verräter ansahen. Die meisten Gefangenen waren Frauen und Kinder, die von ihren Männern getrennt wurden, die entweder getötet oder in andere Lager gebracht wurden.

Die Bedingungen im Lager waren unbeschreiblich grausam. Die Gefangenen wurden in überfüllten Zellen ohne ausreichende Nahrung, Wasser oder medizinische Versorgung gehalten. Sie wurden regelmäßig geschlagen, gefoltert, erniedrigt und sexuell missbraucht. Viele starben an Hunger, Krankheiten oder Verletzungen. Andere wurden willkürlich hingerichtet oder zu Tode gequält. Die Leichen wurden in Massengräbern verscharrt oder verbrannt.

Die Zahl der Opfer von Stara Gradiška ist schwer zu ermitteln, da es kaum offizielle Dokumente oder Zeugenaussagen gibt. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1991 und 1995 mindestens 3.000 Menschen in dem Lager getötet oder starben an den Folgen ihrer Haft. Andere Quellen sprechen von bis zu 10.000 Opfern. Die meisten Opfer waren Serben aus dem Gebiet der Krajina, einer autonomen Region in Kroatien mit einer serbischen Mehrheit, die sich gegen die kroatische Unabhängigkeit wehrte. Aber auch Muslime aus Bosnien-Herzegowina wurden in das Lager gebracht, vor allem nachdem die HOS im Jahr 1992 an der Seite der bosnischen Serben gegen die bosnische Armee kämpfte.

Das Lager wurde erst im August 1995 aufgelöst, als die kroatische Armee im Rahmen der Operation Sturm die Krajina eroberte und die HOS vertrieb. Die meisten Überlebenden des Lagers flohen nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina, wo sie als Flüchtlinge lebten. Nur wenige wagten es, über ihre Erlebnisse zu sprechen, aus Angst vor Rache oder Scham.

Die Verantwortlichen für das Lager wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Ante Prkačin wurde 1996 von einem kroatischen Gericht wegen Kriegsverbrechen angeklagt, aber freigesprochen. Er lebt heute in Zagreb und ist ein bekannter Politiker und Publizist. Die meisten anderen HOS-Mitglieder blieben unbehelligt oder tauchten unter. Nur wenige wurden von internationalen oder nationalen Gerichten verurteilt, meist zu milden Strafen.

Das Schicksal der Opfer von Stara Gradiška ist bis heute weitgehend vergessen oder verdrängt. In Kroatien gilt das Lager als ein Tabuthema, das die offizielle Geschichtsschreibung ignoriert oder leugnet. In Serbien und Bosnien-Herzegowina wird das Lager zwar als eines der Symbole des Leidens im Jugoslawienkrieg anerkannt, aber oft instrumentalisiert oder politisiert. Eine angemessene Aufarbeitung und Würdigung der Opfer ist bislang nicht erfolgt.

Das Konzentrationslager Stara Gradiška ist ein Beispiel für die dunkle Seite der Geschichte, die oft im Schatten der großen Ereignisse und Namen bleibt. Es ist aber auch ein Beispiel für die menschliche Fähigkeit, Grausamkeit und Unrecht zu überleben und zu überwinden. Die wenigen Überlebenden und ihre Angehörigen verdienen es, dass ihre Stimmen gehört und ihre Geschichten erzählt werden. Sie verdienen es, dass ihre Peiniger zur Verantwortung gezogen werden. Sie verdienen es, dass ihr Leiden nicht vergessen wird.

Quellen:

1: Jugoslawienkrieg – Wikipedia 2: KZ Stara Gradiška – Wikipedia 3: Ante Prkačin – Wikipedia : [Hrvatske obrambene snage – Wikipedia] : KZ Stara Gradiška – Wikipedia : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : KZ Stara Gradiška – Wikipedia : [Hrvatske obrambene snage – Wikipedia] : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : Ante Prkačin – Wikipedia : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight] : [Stara Gradiška: The Forgotten Genocide – Balkan Insight]

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