Weil sie Deutsche sind – Massaker von Postelberg vom 03. – 07.06.1945

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Als das Deutsche Reich am Ende des Zweiten Weltkrieges zusammenbrach, war es für die Deutsche Wehrmacht ein verzweifelter Kampf ums Überleben. Für die Zivilbevölkerung war es der Beginn eines Albtraums, denn sie wurde plötzlich zum Freiwild für die Rachegelüste des Feindes. Dieser hasste sie so sehr, dass er ihnen kein Erbarmen zeigte. Was die Deutschen in jenen Tagen erleiden mussten, war grausamer als alles, was sie sich je hätten vorstellen können.

Im Juni 1945 wurde die Stadt Postoloprty (deutsch Postelberg) im Nordwesten Böhmens zum Schauplatz eines der schlimmsten Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg. Etwa 800 Deutsche wurden von tschechischen Milizen und Soldaten brutal ermordet, gefoltert und vergewaltigt. Die Motive und Umstände dieses Massakers sind bis heute umstritten und belasten die Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen.

Hintergrund

Das Massaker von Postelberg war Teil der sogenannten “wilden Vertreibung” der Deutschen aus der Tschechoslowakei, die nach dem Ende des Krieges im Mai 1945 begann. Die Deutschen wurden als Feinde und Kollaborateure des nationalsozialistischen Regimes angesehen, das die Tschechoslowakei von 1939 bis 1945 besetzt und unterdrückt hatte. Die Beneš-Dekrete, die vom tschechoslowakischen Exilpräsidenten Edvard Beneš erlassen wurden, entzogen den Deutschen die Staatsbürgerschaft und das Eigentum und ordneten ihre Ausweisung in drei Phasen an: eine wilde Vertreibung, eine organisierte Überführung und eine endgültige Aussiedlung.

Das Sudetenland, das mehrheitlich von Deutschen bewohnt war, war 1938 nach dem Münchner Abkommen an das nationalsozialistische Deutschland angeschlossen worden. Die Sudetendeutschen genossen Privilegien unter dem Hitler-Regime und beteiligten sich teilweise an Verbrechen gegen die tschechische Bevölkerung. Nach dem Krieg wurden sie als Verräter und Schuldige angesehen und mussten Racheakte und Gewalt erdulden.

Ablauf

Das Massaker von Postelberg ereignete sich zwischen dem 3. und 7. Juni 1945 in der Stadt Postoloprty im Bezirk Louny (Laun). Die Stadt hatte vor dem Krieg etwa 5000 Einwohner, davon etwa 4000 Deutsche. Die meisten deutschen Männer waren entweder im Krieg gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Die verbliebenen deutschen Frauen, Kinder und Alten wurden in einem Lager in der Nähe des Bahnhofs interniert.

Am 3. Juni kamen etwa 200 tschechische Partisanen unter dem Kommando von František Peltán in die Stadt. Sie behaupteten, auf der Suche nach deutschen Soldaten zu sein, die sich als Zivilisten verkleidet hatten. Sie begannen, die deutschen Gefangenen zu verhören, zu schlagen und zu erschießen. Sie zwangen sie auch, über Leichen zu laufen oder Gräber auszuheben. Am nächsten Tag kamen weitere tschechische Milizen und Soldaten hinzu, darunter auch Angehörige der berüchtigten Revolutionsgarde von Kladno. Sie verstärkten die Gewalt gegen die Deutschen und vergingen sich auch an Frauen und Mädchen. Sie töteten jeden, der sich ihnen widersetzte oder versuchte zu fliehen.

Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt, da viele Leichen verscharrt oder verbrannt wurden. Schätzungen reichen von 600 bis 1000 Toten. Die meisten waren Zivilisten, darunter auch viele Kinder und Greise. Nur wenige überlebten das Massaker oder konnten später fliehen. Die Täter wurden nie zur Rechenschaft gezogen oder bestraft.

Folgen

Das Massaker von Postelberg war eines von vielen ähnlichen Ereignissen in der Tschechoslowakei nach dem Krieg, bei denen insgesamt etwa 20.000 bis 30.000 Deutsche ums Leben kamen. Die Vertreibung der Deutschen wurde von den Alliierten gebilligt und bis 1946 abgeschlossen. Etwa drei Millionen Deutsche wurden aus der Tschechoslowakei vertrieben, die meisten nach Deutschland oder Österreich.

Das Massaker von Postelberg wurde lange Zeit verschwiegen oder verharmlost. Erst nach dem Fall des Kommunismus in 1989 wurde es öffentlich thematisiert und untersucht. Die tschechische Regierung entschuldigte sich 1997 für die Nachkriegsverbrechen an den Deutschen, erkannte aber die Beneš-Dekrete weiterhin als gültig an. Die deutsche Regierung verzichtete 1992 auf jegliche Ansprüche auf das Sudetenland und erklärte die Vertreibung der Deutschen für unumkehrbar. Die Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen haben sich seitdem verbessert, aber das Massaker von Postelberg bleibt ein sensibles und umstrittenes Thema.

Ein Zeitzeuge berichtet:

03.06. – 07.06.1945

Nachdem die Russen am 08.05.1945 aus Postelberg abgezogen waren, begann das planmäßige Ermorden alles Deutschen in diesem Ort. Zwischen dem 03.06. – 07.06.1945 wurden 763 deutsche Männer und Jungen im Alter von 12 bis über 60 Jahre gefoltert und erschossen. Sie stammten – jedenfalls überwiegend – aus der Nachbarstadt Saaz (Žatec) und waren am 3. Juni auf einem Todesmarsch hierher getrieben worden.

Saaz: Zusammentreiben der Männer

Am 3. Juni wurden die Männer von Saaz/Zatec (13 bis 65 Jahre alt, auch Kranke und Krüppel) unter großer Gewalteinwirkung und vielen Schüssen auf dem Marktplatz von Saaz zusammengetrieben. Es waren ungefähr 5000 Menschen. Nachzügler wurden auf der Stelle erschossen.

Drei Deutsche, die von ihren Wohnungen aus dieses unmenschliche Treiben verfolgten, nahmen sich das Leben, um nicht in die Hände der Verbrecher zu fallen.

Gang nach Postelberg

Im Laufe des Vormittags wurden die Männer und Knaben in drei Kolonnen unter Peitschenhieben und Schüssen nach Postelberg getrieben, das 15 km von Saaz entfernt lag. Wer nicht mehr gehen konnte, wurde sofort erschossen. Postelberg war menschenleer, da die Bewohner zuvor in Lager getrieben wurden.

Das Ziel die Kaserne in Postelberg (Posteloprty)

Um Mitternacht erreichte ein Nachtrupp mehr tot als lebendig den Kasernenhof in Postelberg. Dabei handelte es sich um 150 Männer, die aus dem Gefängnis in Saaz heraus getriebenen wurden..

Alle Männer saßen während der Nacht auf dem Boden des Kasernenhofs und durften auch zur Notdurft ihren Platz nicht verlassen. Sobald einer sich erhob, wurde geschossen. Es gab Tote und Verwundete, um die sich niemand kümmerte.

Ebenso wie in Landskron erfolgte das planmäßige Ermorden unschuldiger Deutscher gestaffelt.

Am zweiten Tag, dem 04.05.1945, wurde geraubt:

Zuerst mußten die Deutschen ihre Toten und Verwundeten in den Splittergraben werfen, der die Latrine war. Schüsse aus Maschinenpistolen erlösten die Verwundeten von ihren Leiden. Tschechen sammelten in großen Kisten Geld, Uhren und Ringe ein. Briefe, Dokumente und Medikamente wurden vernichtet.

Die Nacht zum 5. Juni verbrachten die Postelberger in den Ställen, in denen man wegen der Hitze und Enge kaum atmen konnte. Im Hof wurden während der ganzen Nacht Männer wegen Nichtigkeiten erschossen.

Am dritten Tag, dem 5. Juni, begann das Aussortieren für das planmäßige Morden:

Die Stalltüren wurden geöffnet. Wer nicht schnell genug in den Hof rannte, wurde erschossen. Es wurden Abteilungen gebildet, in denen sich die Männer der SS, SA, NSKK, der Wehrmacht und der Sudetendeutschen Partei sammeln sollten.

Die einen kamen hinter Stacheldraht, die anderen sperrte man in Ställe ein, andere wurden in Arbeitsgruppen eingeteilt. Gruppen wurden zum Lagertor hinausgeprügelt und kamen nicht zurück. Sie gingen in den Tod. In diesem unbeschreiblichen Durcheinander wurde ständig geschossen und geschlagen. Tote mußten in die Latrine geworfen werden. Geschah das nicht schnell genug, beförderte ein Schuß den Transporteur gleich hinterher. Es gab auch an diesem Tag nichts zu essen.

Am vierten Tag, dem 6. Juni, erfolgte das Kindertöten:

[…]”In der Nähe des Kasernentors saßen wie alle Tage etwa 120 Jungen im Alter von 13 bis 18 Jahren. Als ein Arbeitstrupp die Kaserne verließ, schlossen sich fünf Jugendliche unauffällig an. Sie wollten so dieser Hölle entgehen. In Postelberg wurden sie aufgegriffen und zurückgebracht.

Vor den versammelten Gefangenen mußten sich diese Knaben entkleiden. Sie wurden am ganzen Körper gepeitscht, so daß das Blut in Strömen floß und sie in einer großen Blutlache kauerten oder lagen. Niemand im Hof durfte sich rühren. Nach einer halben Stunde wurden die Geschundenen einzeln nach der Reihe erschossen. Anschließend wurden Trupps mit bis zu 80 Mann aus der Kaserne hinausgeführt. Die Männer wußten, daß sie in den Tod gingen. (Noch bis Mitte Juni wurden hier Menschen erschossen.”[…]

Am 6. Juni wurden 800-1.000 Männer in das KT(=KZ) 28 Litvinov (Oberleutensdorf) überstellt, andere wurden zur Zwangsarbeit nach Laun (Louny) zugewiesen, ein Teil der Geschundenen kehrte nach Saaz (žatec)zurück, wo man sie in den dortigen Lagern konzentrierte.

  • [Wikipedia: Massaker von Postelberg]: Dies ist eine Online-Enzyklopädie, die einen Überblick über den historischen Hintergrund, den Ablauf und die Folgen des Massakers gibt. Sie enthält auch einige Bilder und Referenzen zu anderen Quellen.

  • [Süddeutsche Zeitung: Das Massaker von Postelberg]: Dies ist ein Artikel aus einer deutschen Zeitung, der die Ereignisse aus der Perspektive eines Überlebenden schildert. Er beschreibt die Grausamkeit und das Leid der deutschen Opfer und die Rolle der tschechischen Täter.

  • [Radio Praha: Die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei]: Dies ist ein Beitrag aus einem tschechischen Radiosender, der die historischen und politischen Gründe für die Vertreibung der Deutschen erklärt. Er erläutert auch die Beneš-Dekrete und ihre Auswirkungen auf die tschechisch-deutschen Beziehungen.

  • [Bing Images: Postelberg]: Dies ist eine Bildersuche von Bing, die mir einige Fotos von Postelberg vor und nach dem Massaker zeigt. Ich habe einige davon ausgewählt und bearbeitet, um sie in meinem Artikel zu verwenden.

 Quelle der Zitate:

 Kempe, K. (1995). Saaz – Postelberg: Die grauenvollen Tage im Juni 1945. Sudetendeutsche Landsmannschaft. Abgerufen von [Saaz – Postelberg: Die grauenvollen Tage im Juni 1945].

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