Blutgericht in Böhmen – Das Massaker von Landskron im Mai 1945 

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  1. Oktober 2025

Im Mai 1945, nur wenige Tage nach der Kapitulation des Deutschen Reiches, kam es in der ostböhmischen Stadt Lanškroun (deutsch: Landskron) zu einem der grausamsten Nachkriegsverbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung. Unter dem Schlagwort „Blutgericht von Lanškroun“ wurden Männer und Frauen öffentlich gedemütigt, misshandelt und ermordet. Historiker gehen von mindestens 20 bis 30 gesicherten Todesopfern aus, Augenzeugenberichte sprechen von noch höheren Zahlen. 

Die Ereignisse begannen am 17. Mai 1945, als tschechische Partisanen aus Vysoké Mýto (Hohenmauth) in die Stadt kamen. Auf dem Marktplatz wurde ein improvisiertes „Volksgericht“ eingerichtet. Ein Tisch vor dem Landratsamt diente als Richtertisch, an dem die Angeklagten auf Knien erscheinen mussten. Urteile wurden in rascher Folge gefällt, meist ohne Beweise oder Verfahren. Viele endeten mit Prügelstrafen, die sofort vollstreckt wurden. Zahlreiche Menschen starben an den Misshandlungen, andere wurden an der Rathausmauer erschossen oder an Laternen aufgehängt. 

Ein Zeitzeuge, Julius Friedl, berichtete später: „Die Menschen mussten auf den Knien zum Tisch rutschen. Wer nicht schnell genug war, wurde mit Kolbenstößen angetrieben. Manche wurden nach wenigen Worten zum Tode verurteilt und sofort erschossen.“ (vgl. Julius Friedl, Blutgericht von Lanškroun). 

Am ersten Tag sollen mindestens 24 Menschen getötet worden sein. In den folgenden Tagen setzte sich das Tribunal fort. Am 18. Mai kam es zu weiteren Misshandlungen, darunter Ertränkungen im Löschwasserbecken vor dem Rathaus. Am Pfingstsonntag, dem 20. Mai, pausierte das Geschehen, bevor es am 21. Mai erneut zu Verurteilungen kam. Insgesamt wurden über 100 Menschen zu schweren Prügelstrafen verurteilt, mindestens 20 bis 30 Zivilisten kamen ums Leben. 

Neben den öffentlichen Hinrichtungen wurden rund 1.200 Männer in das Gymnasium von Lanškroun gebracht. Viele von ihnen wurden später in sowjetische Lager deportiert, einige bis nach Sibirien. Für die Familien bedeutete dies den Verlust von Vätern, Brüdern und Söhnen – oftmals ohne Nachricht über ihr Schicksal. 

Eine juristische Aufarbeitung fand nie statt. Das Amnestiegesetz Nr. 115 vom 8. Mai 1946 stellte alle bis zum 28. Oktober 1945 begangenen Taten straffrei. Damit blieben die Täter unbehelligt, während die Opfer und ihre Angehörigen keine Gerechtigkeit erfuhren. 

Heute erinnert ein Denkmal in Lanškroun an die Opfer des Blutgerichts. In der deutschsprachigen Literatur gilt das Ereignis als eines der brutalsten Standgerichte in Böhmen. Historiker und Heimatforscher bemühen sich bis heute, die genauen Opferzahlen und Abläufe zu rekonstruieren. Zeitzeugenberichte wie die von Julius Friedl sind dabei von unschätzbarem Wert, da sie die Grausamkeit der Ereignisse in unmittelbarer Sprache festhalten. 

 

Quellenangaben 

 

 

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