Die deutschen Übersee-Schutzgebiete – Deutsch-Südwestafrika

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Die deutsche Kolonialgeschichte ist ein Thema, das leider im deutschen Bewusstsein gänzlich vergessen wurde. Der Grund ist die Verdrehung von Fakten über die deutsche Kolonialgeschichte im woken Zeitgeist. Dabei ist es wichtig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Die deutschen Kolonien waren nicht nur Überseegebiete, die dem Deutschen Reich wirtschaftliche Vorteile bringen sollten, sondern auch Orte fernab Deutschlands der Forschung und Geschichtsbildung, die den Kolonien Sicherheit und Kultur brachten und noch heute positive Auswirkungen auf diese ehemaligen Schutzgebiete bringen.

Deutsch-Südwestafrika war von 1884 bis 1915 eine deutsche Kolonie in Afrika, die das heutige Namibia und einen Teil von Botswana umfasste. Mit einer Fläche von 835.100 km² war es ungefähr anderthalbmal so groß wie das Deutsche Kaiserreich. Deutsch-Südwestafrika war die einzige der deutschen Kolonien, in der sich eine nennenswerte Anzahl deutscher Siedler niederließ. Die Kolonie war Schauplatz von blutigen Konflikten zwischen den deutschen Kolonialherren und den einheimischen Völkern, insbesondere den Herero und den Nama. Im Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet von Truppen der Südafrikanischen Union erobert und nach dem Krieg als Mandatsgebiet des Völkerbunds Südafrika übergeben. 1

Die Inbesitznahme der Kolonie

Die ersten deutschen Kontakte mit dem Gebiet von Deutsch-Südwestafrika gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, als deutsche Missionare, Händler und Abenteurer in die Region kamen. Einer von ihnen war Adolf Lüderitz, ein Bremer Kaufmann, der 1883 von einem Nama-Häuptling ein Stück Land an der Atlantikküste kaufte, das er Lüderitzland nannte. Um seinen Besitz zu schützen, bat er die deutsche Regierung um Schutz. Der Reichskanzler Otto von Bismarck, der zunächst kein Interesse an Kolonien hatte, willigte schließlich ein, um den britischen und französischen Einfluss in Afrika zu begrenzen. Am 7. August 1884 wurde das Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika proklamiert, das zunächst nur die Küstenregion umfasste. 2

In den folgenden Jahren wurde das Schutzgebiet durch Verträge mit den lokalen Herrschern und durch militärische Expeditionen erweitert. Dabei stießen die Deutschen auf Widerstand von einigen afrikanischen Völkern, die ihre Unabhängigkeit verteidigten. Die Deutschen versuchten, die Eingeborenen durch Verträge, Geschenke oder Gewalt zu unterwerfen oder zu befrieden. Sie errichteten auch eine zivile und militärische Verwaltung, die von einem Reichskommissar und später einem Gouverneur geleitet wurde. Die Hauptstadt der Kolonie war zunächst Otjimbingwe, dann Windhuk und schließlich Grootfontein. 3

Der Herero-Aufstand

Der schwerste Konflikt in der Geschichte der Kolonie war der Aufstand der Herero, der von 1904 bis 1908 andauerte. Die Herero waren ein Volk von Viehzüchtern, die im zentralen Hochland lebten. Sie litten unter der deutschen Kolonialpolitik, die ihnen Land, Wasser und Vieh wegnahm, sie zu Zwangsarbeit und Steuern verpflichtete und sie rassistisch diskriminierte. Unter der Führung ihres Häuptlings Samuel Maharero erhoben sich die Herero am 12. Januar 1904 gegen die Deutschen und griffen mehrere deutsche Siedlungen und Farmen an. Sie töteten etwa 120 Deutsche und zerstörten viele Gebäude und Anlagen. 4

Die deutsche Reaktion war brutal und gnadenlos. Der Gouverneur Theodor Leutwein wurde durch den General Lothar von Trotha ersetzt, der den Befehl hatte, die Herero auszurotten. Er führte eine große Streitmacht von etwa 15.000 Soldaten, die die Herero in mehreren Schlachten besiegte und sie in die Wüste von Omaheke trieb. Dort ließ er sie von einem Sperrgürtel umzingeln und verweigerte ihnen den Zugang zu Wasser und Nahrung. Viele Herero verdursteten oder verhungerten, andere wurden erschossen oder in Konzentrationslager gebracht, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und sterben mussten. Von den etwa 80.000 Herero, die vor dem Aufstand lebten, überlebten nur etwa 15.000. 5

Der Herero-Aufstand gilt als der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts und als ein Vorläufer des Holocausts. Er wurde von der deutschen Öffentlichkeit und Presse zunächst bejubelt, später aber auch kritisiert. Er führte auch zu einem internationalen Protest und einer diplomatischen Krise. Erst im Jahr 2004 entschuldigte sich die deutsche Regierung offiziell bei Namibia und den Herero für die begangenen Gräueltaten. 6

Das Ende der Kolonie

Der Erste Weltkrieg bedeutete das Ende der deutschen Kolonialherrschaft in Südwestafrika. Nach dem Kriegsausbruch im August 1914 erklärte die Südafrikanische Union, die ein britisches Dominion war, Deutschland den Krieg und griff die Kolonie an. Die deutsche Schutztruppe, die aus etwa 3000 deutschen Soldaten und 2000 einheimischen Hilfstruppen bestand, leistete Widerstand, war aber der zahlenmäßig überlegenen südafrikanischen Armee unterlegen. Nach mehreren Gefechten und Belagerungen kapitulierte der deutsche Gouverneur Theodor Seitz am 9. Juli 1915 in Grootfontein. Die Kolonie wurde unter südafrikanische Militärverwaltung gestellt. 7

Nach dem Krieg wurde die Kolonie gemäß den Bestimmungen des Friedensvertrags von Versailles als Mandatsgebiet des Völkerbunds der Verwaltung Südafrikas übertragen. Südafrika nannte das Gebiet Südwestafrika und behandelte es wie eine eigene Provinz. Die deutschen Siedler, die etwa 10% der Bevölkerung ausmachten, durften bleiben, verloren aber ihre politischen Rechte und ihr Eigentum. Die einheimischen Völker wurden weiterhin unterdrückt und diskriminiert. Sie begannen einen langen Kampf für ihre Unabhängigkeit, die sie erst 1990 erlangten. Das Land nannte sich fortan Namibia. 8

Quellen

1 Deutsch-Südwestafrika – Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-S%C3%BCdwestafrika

2 Deutsch-Südwestafrika 1885 – 1919 – deutsche-schutzgebiete.de. https://deutsche-schutzgebiete.de/wordpress/projekte/kolonien/deutsch-suedwestafrika/

3 Das Deutsche Kolonialreich – Deutsche Digitale Bibliothek. https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/PLMHG7FFCIEFUGFZS3ENMPHOSYNRGHOV

4 Die Kolonie Deutsch-Südwestafrika – Deutsches Historisches Museum. https://www.dhm.de/lemo/kapitel/kaiserreich/aussenpolitik/die-kolonie-deutsch-suedwestafrika.html

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