Katastrophen der Menschheit – Costa Concordia-Untergang am 13.01.2012
Katastrophen sind keine Zufälle. Sie sind das Ergebnis einer fatalen Kette von Ereignissen, die durch menschliches und technisches Versagen ausgelöst werden. Oft sind es kleine Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich zu einer großen Krise aufschaukeln. Manchmal sind es auch bewusste Entscheidungen oder Risiken, die sich als fatal erweisen. In jedem Fall sind Katastrophen eine Herausforderung für die Menschheit, aus ihnen zu lernen und sie zu vermeiden. Denn Katastrophen haben nicht nur materielle Folgen, sondern auch emotionale und soziale. Sie können ganze Lebenswelten zerstören und tiefe Traumata hinterlassen.
Am 13. Januar 2012 ereignete sich eine der schwersten Katastrophen der Schifffahrt in der Geschichte: Das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia lief vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen und kenterte. Dabei kamen 32 Menschen ums Leben, 64 wurden verletzt und mehr als 4.000 mussten evakuiert werden. Was war die Ursache für dieses Unglück? Wie verhielt sich der Kapitän, der für die Sicherheit der Passagiere verantwortlich war? Und welche Folgen hatte die Havarie für die Umwelt und die Tourismusbranche?
Die Costa Concordia war ein modernes und luxuriöses Schiff, das Platz für bis zu 3.780 Passagiere und 1.100 Besatzungsmitglieder bot. Es gehörte zur Reederei Costa Crociere, die Teil der Carnival Corporation war, dem weltweit größten Kreuzfahrtunternehmen. Das Schiff war 290 Meter lang, 35 Meter breit und 59 Meter hoch. Es verfügte über 13 Decks, vier Swimmingpools, fünf Restaurants, 13 Bars, ein Theater, ein Casino, eine Disco, ein Spa und einen Fitnessraum. Es war im Jahr 2006 in Dienst gestellt worden und hatte einen Wert von etwa 450 Millionen Euro1.
Die Katastrophe begann am Abend des 13. Januar 2012, als die Costa Concordia auf ihrer Mittelmeerkreuzfahrt von Civitavecchia nach Savona unterwegs war. An Bord befanden sich 3.206 Passagiere und 1.023 Besatzungsmitglieder aus 70 verschiedenen Ländern. Der Kapitän des Schiffes war Francesco Schettino, ein 52-jähriger Italiener, der seit 2002 für Costa Crociere arbeitete. Er hatte die Absicht, eine sogenannte “Verbeugung” vor der Insel Giglio zu machen, das heißt, das Schiff sehr nah an die Küste zu steuern, um die Bewohner und die Touristen zu grüßen. Dies war eine nicht genehmigte und riskante Manöver, das er schon mehrmals zuvor durchgeführt hatte2.
Um 21:45 Uhr näherte sich die Costa Concordia der Insel Giglio mit einer Geschwindigkeit von etwa 16 Knoten (30 km/h). Schettino befand sich auf der Brücke, zusammen mit seinem ersten Offizier, seinem Rudergänger, einem weiteren Offizier und einer moldawischen Tänzerin, mit der er eine Affäre hatte.
Er hatte die elektronische Navigation ausgeschaltet und verließ sich auf seine Augen und sein GPS-Gerät. Er gab dem Rudergänger den Befehl, das Schiff nach links zu drehen, um einen Felsen zu umfahren, den er auf dem Radar sah. Doch es war zu spät: Um 21:45:07 Uhr rammte die Costa Concordia den Felsen mit voller Wucht. Dabei wurde ein 70 Meter langer Riss in den Rumpf gerissen, durch den Wasser in die Maschinenräume und die Generatoren eindrang. Das Schiff verlor sofort die Stromversorgung und die Steuerung. Es begann, sich nach Steuerbord zu neigen3.
Schettino erkannte die Schwere der Situation nicht und versuchte, das Schiff wieder in Bewegung zu setzen. Er gab falsche Informationen an die Reederei und die Küstenwache weiter und behauptete, dass es nur ein kleiner Stromausfall sei. Er zögerte, die Evakuierung des Schiffes zu befehlen, obwohl die Passagiere in Panik gerieten und die Besatzung überfordert war. Erst um 22:10 Uhr, 25 Minuten nach der Kollision, ließ er den allgemeinen Alarm auslösen und um 22:54 Uhr, mehr als eine Stunde nach dem Unglück, gab er den Befehl “Abandon Ship” (Schiff verlassen). Die Rettungsboote wurden zu Wasser gelassen, aber viele von ihnen konnten nicht benutzt werden, weil das Schiff zu stark schief lag.
Die Passagiere mussten sich in der Dunkelheit und in der Kälte einen Weg an Deck bahnen, um einen Platz in den Booten zu finden oder ins Wasser zu springen. Viele von ihnen trugen nur ihre Schwimmwesten und keine warme Kleidung. Die Küstenwache, die Feuerwehr, die Marine und die Fischer eilten zur Hilfe und versuchten, so viele Menschen wie möglich zu retten. Die Evakuierung dauerte bis zum nächsten Morgen und war eine der größten in der Geschichte der Seefahrt.
Der Kapitän Schettino verließ das Schiff um 23:36 Uhr, obwohl noch Hunderte von Menschen an Bord waren. Er behauptete später, dass er unfreiwillig von Bord gefallen sei und auf einem Rettungsboot gelandet sei. Er weigerte sich, auf das Schiff zurückzukehren, als ihn die Küstenwache dazu aufforderte. Er wurde später verhaftet und wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes angeklagt. Er wurde im Jahr 2015 zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt, wovon er zehn Jahre absitzen muss. Er legte Berufung ein, aber das Urteil wurde im Jahr 2017 bestätigt. Er sitzt derzeit in einem Gefängnis in Rom ein.
Die Havarie der Costa Concordia hatte nicht nur tragische Folgen für die Menschen, die ihr Leben verloren oder verletzt wurden, sondern auch für die Umwelt und die Wirtschaft. Das Schiff enthielt etwa 2.400 Tonnen Treibstoff, die ein Risiko für eine Ölpest darstellten. Es musste daher geborgen werden, was eine der kompliziertesten und teuersten Operationen in der Geschichte der Schifffahrt war. Es dauerte mehr als zwei Jahre, bis das Schiff wieder aufgerichtet, stabilisiert und abgeschleppt wurde. Die Kosten dafür beliefen sich auf etwa 1,5 Milliarden Euro. Das Schiff wurde schließlich im Jahr 2015 in einem Hafen in Genua verschrottet. Die Insel Giglio litt unter dem Verlust von Touristen, die durch das Unglück abgeschreckt wurden. Die Reederei Costa Crociere musste hohe Entschädigungen an die Opfer und ihre Familien zahlen. Die Kreuzfahrtbranche erlitt einen Imageverlust und musste ihre Sicherheitsstandards überprüfen und verbessern.
Die Katastrophe der Costa Concordia war ein schreckliches Ereignis, das viele Fragen aufwarf: Wie konnte ein so modernes und sicheres Schiff so leicht havarieren? Wie konnte ein so erfahrener und verantwortlicher Kapitän so leichtsinnig und feige handeln? Wie konnte eine so chaotische und verzögerte Evakuierung stattfinden? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht einfach, aber sie können uns helfen, aus den Fehlern zu lernen und zu vermeiden, dass sich eine solche Katastrophe wiederholt. Die Costa Concordia war ein Symbol für den Luxus und die Freude des Reisens, aber sie wurde auch zu einem Symbol für die Gefahren und die Trauer des Scheiterns.
Quellen:
1: Costa Concordia – Wikipedia 2: Das sind die 9 größten von Menschen verursachten Umweltkatastrophen der vergangenen 50 Jahre – Business Insider 3: Havarie des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“: Telefonmitschnitt zeigt Ahnungslosigkeit des Katastrophen-Kapitäns – FOCUS Online : [Costa Concordia: Chronologie einer Katastrophe – ZDFmediathek] : [Costa Concordia: Kapitän Schettino muss 16 Jahre in Haft – SPIEGEL ONLINE] : [Costa Concordia: Das Ende eines Kreuzfahrt-Giganten – WELT] : [Costa Concordia: Die Folgen der Katastrophe – n-tv.de]
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