Weil sie Deutsche sind  – Das Massaker in Nemmersdorf 21.10.1944

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Als das Deutsche Reich am Ende des Zweiten Weltkrieges zusammenbrach, war es für die Deutsche Wehrmacht ein verzweifelter Kampf ums Überleben. Für die Zivilbevölkerung war es der Beginn eines Albtraums, denn sie wurde plötzlich zum Freiwild für die Rachegelüste des Feindes. Dieser hasste sie so sehr, dass er ihnen kein Erbarmen zeigte. Was die Deutschen in jenen Tagen erleiden mussten, war grausamer als alles, was sie sich je hätten vorstellen können.

Nemmersdorf war ein kleines Dorf in Ostpreußen, das am 21. Oktober 1944 zum Schauplatz eines grausamen Geschehens wurde. An diesem Tag besetzten sowjetische Truppen erstmals deutsches Reichsgebiet und hinterließen bei ihrem Rückzug zwei Tage später eine Spur von Tod und Zerstörung.

Kriegslage

Im Oktober 1944 war die deutsche Ostfront zusammengebrochen. Die Rote Armee hatte im Sommer eine Großoffensive gestartet und die Wehrmacht bis an die Grenze Ostpreußens zurückgedrängt. Am 16. Oktober begann die sowjetische Operation Goldener Herbst, die zum Ziel hatte, Ostpreußen von Litauen abzuschneiden und einzunehmen. Die deutschen Verteidiger waren zahlenmäßig und materiell unterlegen und mussten sich immer weiter zurückziehen.

Nemmersdorf lag an einer wichtigen Straße, die von Gumbinnen nach Königsberg führte. Das Dorf war ein Knotenpunkt für den Flüchtlingsstrom aus dem Osten, der sich vor der herannahenden Roten Armee in Sicherheit bringen wollte. Viele Menschen aus den umliegenden Dörfern hatten sich in Nemmersdorf versammelt, um mit Pferdewagen oder zu Fuß weiter nach Westen zu gelangen. Die meisten von ihnen waren Frauen, Kinder und alte Männer.

Sowjetische Besetzung

Am 21. Oktober erreichten die sowjetischen Panzer der 11. Gardepanzerbrigade Nemmersdorf. Sie stießen auf wenig Widerstand, da die meisten deutschen Soldaten sich bereits zurückgezogen hatten oder gefallen waren. Die sowjetischen Truppen besetzten das Dorf und errichteten einen Brückenkopf über die Angerapp, einen Nebenfluss der Memel.

Nach den Berichten der Überlebenden richteten die sowjetischen Soldaten ein Massaker an den Zivilisten an. Sie hatten Frauen und Mädchen vergewaltigt, gefoltert und ermordet . Sie hatten Kinder erschossen oder erschlagen. Sie hatten alte Männer gekreuzigt oder lebendig verbrannt.

Rückeroberung und Inspektion

Nach mehreren Gefechten im Laufe des 22. Oktobers zog sich die Rote Armee am 23. Oktober 1944 gegen 2:30 Uhr aus Nemmersdorf zurück. Der Rückzug der Roten Armee wurde von den deutschen Truppen erst nach etwa sechs bis acht Stunden am Morgen des 23. Oktobers bemerkt.

Die ersten deutschen Soldaten, die Nemmersdorf erreichten, waren Angehörige der 5. Panzerdivision. Sie fanden das Dorf in einem verwüsteten Zustand vor. Sie entdeckten mehrere Leichen von Zivilisten, die teilweise in grotesken Posen lagen. Sie sahen Spuren von Gewalt und Brandstiftung. Sie hörten die Schreie von Verwundeten und Überlebenden.

Die deutschen Soldaten waren schockiert und empört über das, was sie sahen. Sie machten Fotos von den Toten und nahmen einige von ihnen in Obhut. Sie begruben andere in einem Massengrab. Sie versorgten die Verletzten und brachten sie in Sicherheit. Sie befragten die Zeugen, die ihnen von den Gräueltaten der Roten Armee erzählten.

Am Nachmittag des 23. Oktobers traf eine Untersuchungskommission in Nemmersdorf ein. Sie bestand aus Vertretern des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, der Wehrmacht, der SS, der Polizei und der Justiz. Die Kommission sollte die Geschehnisse in Nemmersdorf dokumentieren und bewerten. Sie sollte Beweise für ein Kriegsverbrechen der Roten Armee sammeln und die Zahl der Opfer feststellen.

Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass in Nemmersdorf mindestens 71 Zivilisten getötet worden seien, davon 26 Frauen, 14 Kinder und 31 Männer. Sie behauptete, dass die sowjetischen Soldaten systematisch gemordet, vergewaltigt und gefoltert hätten. Sie beschuldigte die Rote Armee eines schweren Kriegsverbrechens und eines Verstoßes gegen das Völkerrecht.

Rezeption in der Nachkriegszeit

In der Bundesrepublik Deutschland wurde Nemmersdorf zum Beispiel von dem Schriftsteller Alfred Andersch in seinem Roman “Die Rote” (1954) literarisch verarbeitet. Er beschrieb das Massaker als eine “Orgie des Tötens”, bei der “die Russen alles niedergemacht hatten, was ihnen vor die Flinte kam”. Er behauptete, dass in Nemmersdorf 200 Menschen ermordet worden seien, darunter 60 Kinder.

In der DDR und in der Sowjetunion wurde das Massaker von Nemmersdorf tabuisiert beziehungsweise als bloße Propagandaaktion des NS-Regimes dargestellt. Die sowjetischen Behörden leugneten jede Verantwortung für die Erschießungen in Nemmersdorf und beschuldigten die deutschen Faschisten, selbst das Massaker inszeniert zu haben. Die DDR-Historiker ignorierten oder relativierten die Geschehnisse in Nemmersdorf und betonten stattdessen die Verbrechen der Wehrmacht an der sowjetischen Bevölkerung.

Nemmersdorf gilt in Deutschland nach wie vor als Symbol für Verbrechen der Roten Armee gegen die deutsche Bevölkerung.

Was fanden die deutschen Soldaten vor? Was berichteten Überlebende?

  • Sechs Frauen waren nackt gekreuzigt worden (vier an einem Leiterwagen, zwei an einem Scheunentor).

  • Einer blinden Greisin war mit einer Axt oder einem Spaten der Schädel gespalten worden, alle weiblichen Opfer waren vergewaltigt worden.

  • 14 Dorfbewohner und Flüchtlinge hatten sich zum Schutz vor der russischen Invasion des Dorfes in einem Unterstand begeben. Sie wurden von Russen von dort während des deutschen Gegenschlages herausgetrieben und hinterrücks erschossen.

[…]„Ich habe tote Zivilisten auf einem eingefriedeten Misthaufen gesehen. Da lag ein älterer Mann, der hatte eine Mistgabel im Brustkorb stecken. (…) In einem Haus lag in einer großen Wohnküche eine alte Frau auf den Fliesen. Eine jüngere Frau lag im Hausflur. (…) Dann waren wir in einem Schlafzimmer mit Metallbetten, weiß lackiert. Ein Bett war ganz von Blut durchtränkt. Da lag aber niemand drin. (…) An einem Scheunentor, am rechten Torflügel, war eine Frau angenagelt.“[…]

Man fand auch Überreste eines zerschossenen Trecks. Vielen Kindern wurden die Schädel eingeschlagen, Bäuche aufgeschlitzt und manchen Jungen die Hände abgehackt.

[…]„Am Straßenrand und in den Höfen der Häuser lagen massenhaft Leichen von Zivilisten, die planmäßig ermordet wurden. Unter anderem sah ich zahlreiche Frauen, die man, nach Lage der verschobenen und zerrissenen Kleidungsstücke zu urteilen, vergewaltigt und danach durch Genickschuß getötet hatte; zum Teil lagen daneben auch die ebenfalls getöteten deutschen Kinder.“[…]

 

Quellen

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