Brandkatastrophen in Krankenhäusern: Brand in der AMRI-Klinik Kolkata/Indien vom 09.12.2011 

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Krankenhäuser sind Orte, an denen Menschen gesund werden sollen. Doch was, wenn sie plötzlich zu Orten des Schreckens werden? Brände in Krankenhäusern sind eine ernste Bedrohung, die oft nicht genug Beachtung findet. Dabei können sie verheerende Folgen haben, sowohl für Patienten und Personal als auch für die medizinische Infrastruktur. 

Montag, 17. Juni 2024 

„Der Mensch lernt in der Katastrophe, menschlich zu leben, was er im Frieden nicht kann.“ Dieses Zitat des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt scheint für die Tragödie, die sich am 9. Dezember 2011 in einem Krankenhaus in der indischen Stadt Kolkata ereignete, besonders zutreffend zu sein.  

Bei einem Großbrand in der privaten AMRI-Klinik kamen mindestens 89 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Patienten, die im Schlaf von den Flammen überrascht wurden. Die Ursache des Feuers war vermutlich ein Kurzschluss im Keller, der Rauch und giftige Dämpfe in dem mehrstöckigen Gebäude verbreitete. Doch was diese Katastrophe noch schlimmer machte, war das Verhalten der Krankenhausverwaltung und des Personals, die die Patienten ihrem Schicksal überließen und sich selbst in Sicherheit brachten. 

Das Versagen der Verantwortlichen 

Nach Angaben der Behörden wurden zum Zeitpunkt des Unglücks in dem Krankenhaus 160 Menschen behandelt, darunter viele schwer kranke und bettlägerige Patienten. Zudem befanden sich zahlreiche Angestellte sowie eine unbekannte Zahl von Angehörigen in der Klinik, die ihre erkrankten Verwandten begleiteten. In Indien ist es üblich, dass Familienmitglieder im Krankenhaus übernachten, um sich um die Patienten zu kümmern. Doch als das Feuer ausbrach, sollen die Krankenhausmitarbeiter die Türen abgeschlossen und die Patienten in ihren Zimmern eingeschlossen haben, um zu verhindern, dass sie in Panik geraten oder die Flucht ergreifen. Einige Angestellte sollen sogar die Feuerlöscher versteckt haben, um Beweise zu vernichten. Die Feuerwehr, die erst nach zwei Stunden am Unglücksort eintraf, musste die Türen aufbrechen, um zu den Opfern zu gelangen. Viele von ihnen waren bereits an einer Rauchvergiftung gestorben oder erstickt. Andere hatten versucht, sich mit Hilfe von Leitern, Seilen oder zusammengeknoteten Bettlaken aus den Fenstern zu retten, doch einige stürzten dabei in den Tod. 

Die Stimmen der Überlebenden 

Die Überlebenden des Brandes berichteten von grauenhaften Szenen, die sie in dem Krankenhaus erlebten. Sie beschuldigten die Krankenhausverwaltung und das Personal, sie im Stich gelassen und keine Hilfe geleistet zu haben. Hier sind einige ihrer Aussagen: 

„Ich war im vierten Stock, als das Feuer ausbrach. Ich sah, wie die Angestellten die Türen abschlossen und wegliefen. Sie sagten uns, wir sollten ruhig bleiben und warten, bis die Feuerwehr kommt. Aber niemand kam. Der Rauch wurde immer dichter und wir konnten kaum atmen. Ich habe versucht, meine Mutter zu retten, die im Nebenzimmer lag, aber ich konnte die Tür nicht öffnen. Ich habe geschrien und um Hilfe gerufen, aber niemand hat geantwortet. Ich habe mich aus dem Fenster gehängt und um Hilfe gerufen, aber niemand hat mich gehört. Ich habe gesehen, wie andere Patienten aus dem Fenster sprangen oder sich erhängten. Ich hatte keine andere Wahl, als zu springen. Ich habe mir beide Beine gebrochen, aber ich bin froh, dass ich noch lebe.“ – Ramesh Kumar, 35, Überlebender 

„Ich war im fünften Stock, als das Feuer ausbrach. Ich war mit meinem Mann hier, der an Krebs litt. Er war an Schläuche und Geräte angeschlossen und konnte sich nicht bewegen. Ich habe versucht, ihn zu befreien, aber es war zu spät. Der Rauch war überall und wir konnten nichts sehen. Ich habe die Angestellten um Hilfe gebeten, aber sie haben uns ignoriert. Sie haben gesagt, sie können nichts tun und sind weggerannt. Ich habe meinen Mann geküsst und ihm gesagt, dass ich ihn liebe. Dann bin ich aus dem Fenster gesprungen. Ich weiß nicht, ob er noch lebt oder nicht. Ich habe alles verloren.“ – Sunita Devi, 32, Überlebende 

„Ich war im sechsten Stock, als das Feuer ausbrach. Ich war mit meiner Tochter hier, die an einer Lungenentzündung litt. Sie war erst sechs Jahre alt und hatte Angst vor dem Feuer. Ich habe sie in meine Arme genommen und versucht, sie zu beruhigen. Ich habe die Angestellten um Hilfe gebeten, aber sie haben uns im Stich gelassen. Sie haben gesagt, sie haben keine Zeit und sind weggerannt. Ich habe die Feuerwehr angerufen, aber sie haben gesagt, sie kommen so schnell wie möglich. Aber sie kamen nicht. Der Rauch wurde immer schlimmer und wir konnten kaum atmen. Ich habe ein Seil aus Bettlaken gemacht und versucht, aus dem Fenster zu klettern. Aber das Seil war zu kurz und ich bin abgestürzt. Meine Tochter ist mit mir gefallen. Sie ist tot. Ich bin am Leben, aber ich wünschte, ich wäre tot.“ – Rajesh Singh, 40, Überlebender 

Die Folgen der Tragödie 

Die Brandkatastrophe in der AMRI-Klinik löste eine Welle der Empörung und des Protests in der indischen Öffentlichkeit aus. Viele Menschen forderten eine lückenlose Aufklärung und eine harte Bestrafung der Verantwortlichen. Die Ministerpräsidentin von Westbengalen, Mamata Banerjee, sprach von einer „schrecklichen Tragödie“ und kündigte eine Untersuchung an. Sie sagte, die Schuldigen würden nicht verschont werden und die Betriebserlaubnis der Klinik sei entzogen worden. Die Polizei nahm sechs Verdächtige fest, darunter die beiden Besitzer des Klinikbetreibers. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung, Gefährdung des Lebens anderer und Verstoßes gegen die Brandschutzbestimmungen angeklagt. Die Familien der Opfer erhielten eine Entschädigung von jeweils 300.000 Rupien (etwa 3.600 Euro). 

Die Brandkatastrophe in der AMRI-Klinik war nicht der erste Fall von Feuer in indischen Krankenhäusern. Immer wieder kommt es zu solchen Unglücken, die auf mangelnde Sicherheitsstandards, laxe Kontrollen und Korruption zurückzuführen sind. Experten fordern eine Reform des Gesundheitssystems, eine Verbesserung der Infrastruktur und eine Sensibilisierung des Personals für den Brandschutz. Sie sagen, dass solche Katastrophen vermeidbar sind, wenn die Menschen mehr Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl zeigen. 

 

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