Weil sie Deutsche sind – Das Blutbad von Saaz/Zatec

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Ab Oktober 1944 wurden die Volksdeutschen zwangsweise und brutal vertrieben – nur deshalb, weil sie Deutsche waren. Ganze Familien mussten ihre angestammte Heimat verlassen, ihr Haus und ihr Grund aufgeben und wurden erbarmungslos vertrieben, in eine ungewissen Zukunft in einem ihnen fremden Land – Deutschland, das sie nur aus Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern kannten. Traditionen gingen verloren, ganze Dorfgemeinschaften wurden auseinandergerissen, gar Familien, deren Mitglieder sich auf der Flucht aus den Augen verloren – für immer. Und es gab Schreckliches über Denen zu berichten, die in ihrem Dorf verbleiben wollten, nicht fliehen konnten, weil sie zu alt waren oder einfach nicht schnell genug waren, ihre Habseligkeiten zu sammeln und von den Russen überrascht wurden. Viele Hundert Volksdeutsche verloren ihr Leben, auf der Flucht oder genommen von ihren Peinigern – den Tschechen.

Direkt verantwortlich in Prag:

Václav Nosek, Innenminister

Verantwortliche vor Ort:

Oberleutnant Jan Zícha

Leutnant Jan Čubka

Hauptmann Vojtěch Černy

Polizist Bohuslav Marek

General O. Španiel

 

Die Konzentration der deutschen Bevölkerung und die Selektierungsmaßnahmen geschahen am 28. und 29. Mai 1945.

Am 3. Juni wurden die Männer von Saaz/Zatec (13 bis 65 Jahre alt, auch Kranke und Krüppel) unter großer Gewalteinwirkung und vielen Schüssen auf dem Marktplatz von Saaz zusammengetrieben.Es waren ungefähr 5000 Menschen. Nachzügler wurden auf der Stelle erschossen.

Drei Deutsche, die von ihren Wohnungen aus dieses unmenschliche Treiben verfolgten, nahmen sich das Leben, um nicht in die Hände der Verbrecher zu fallen.

Im Laufe des Vormittags wurden die Männer und Knaben in drei Kolonnen unter Peitschenhieben und Schüssen nach Postelberg getrieben, das 15 km von Saaz entfernt liegt. Wer nicht mehr gehen konnte, wurde sofort erschossen. Postelberg war menschenleer, da die Bewohner zuvor in Lager getrieben worden waren.

Das Ziel die Kaserne in Postelberg (Posteloprty).

Um Mitternacht erreichte ein Nachtrupp mehr tot als lebendig den Kasernenhof in Postelberg.

Dabei handelte es sich um 150 Männer, die aus dem Gefängnis in Saaz herausgetriebenen worden waren.

Alle Männer saßen während der Nacht auf dem Boden des Kasernenhofs und durften auch zur Notdurft ihren Platz nicht verlassen. Sobald einer sich erhob, wurde geschossen. Es gab Tote und Verwundete, um die sich niemand kümmerte.

Der 4. Juni war der Tag der Beraubung.

Zuerst mußten die Deutschen ihre Toten und Verwundeten in den Splittergraben werfen, der die Latrine war. Schüsse aus Maschinenpistolen erlösten die Verwundeten von ihren Leiden. Tschechen sammelten in großen Kisten Geld, Uhren und Ringe ein. Briefe, Dokumente und Medikamente wurden vernichtet.

Die Nacht zum 5. Juni verbrachten die Postelberger in den Ställen, in denen man wegen der Hitze und Enge kaum atmen konnte. Im Hof wurden während der ganzen Nacht Männer wegen Nichtigkeiten erschossen.

Am 5. Juni begann das Aussortieren für das planmäßige Morden.

Die Stalltüren wurden geöffnet. Wer nicht schnell genug in den Hof rannte, wurde erschossen.

Es wurden Abteilungen gebildet, in denen sich die Männer der SS, SA, NSKK, der Wehrmacht und der Sudetendeutschen Partei sammeln sollten.

Die einen kamen hinter Stacheldraht, die anderen sperrte man in Ställe ein, andere wurden in Arbeitsgruppen eingeteilt. Gruppen wurden zum Lagertor hinausgeprügelt und kamen nicht zurück. Sie gingen in den Tod. In diesem unbeschreiblichen Durcheinander wurde ständig geschossen und geschlagen. Tote mußten in die Latrine geworfen werden. Geschah das nicht schnell genug, beförderte ein Schuß den Transporteur gleich hinterher. Es gab auch an diesem Tag nichts zu essen.

Der 6. Juni war der Tag des Kindermords und der planmäßigen Erschießungen.

In der Nähe des Kasernentors saßen wie alle Tage etwa 120 Jungen im Alter von 13 bis 18 Jahren. Als ein Arbeitstrupp die Kaserne verließ, schlossen sich fünf Jugendliche unauffällig an. Sie wollten so dieser Hölle entgehen. In Postelberg wurden sie aufgegriffen und zurückgebracht.

Vor den versammelten Gefangenen mußten sich diese Knaben entkleiden. Sie wurden am ganzen Körper gepeitscht, so daß das Blut in Strömen floß und sie in einer großen Blutlache kauerten oder lagen.

Niemand im Hof durfte sich rühren. Nach einer halben Stunde wurden die Geschundenen einzeln nach der Reihe erschossen.

Anschließend wurden Trupps mit bis zu 80 Mann aus der Kaserne hinausgeführt. Die Männer wußten, daß sie in den Tod gingen

(Noch bis Mitte Juni wurden hier Menschen erschossen.)

Am 6. Juni wurden 800-1.000 Männer in das KT(=KZ) 28 Litvinov (Oberleutensdorf) überstellt, andere wurden zur Zwangsarbeit nach Laun (Louny) zugewiesen, ein Teil der Geschundenen kehrte nach Saaz (žatec)zurück, wo man sie in den dortigen Lagern konzentrierte.

Auf Veranlassung einer Kommission für Staatssicherheit im Parlament kam es 1947 zu einer Untersuchung des Falls. 763 Skelette wurden exhumiert.

Vojtěch Černy gab zu, den Befehl zu dieser Aktion aus Prag bekommen zu haben.

Nach dieser Aussage folgte die Untersuchungskommission 1947 der Empfehlung des Innenministers Václav Nosek, der vorschlug, „die Sache ohne jeglichen Eingriff in die breite Öffentlichkeit zu lösen.“ Nosek hatte 1945 mit größter Wahrscheinlichkeit den Befehl dazu erteilt.

1997 stellte Ludwík Vaculik mit drei weiteren Bürgern aus Prag Anzeige bei der Oberstaatsanwaltschaft in Prag wegen der Strafttaten in Postelberg (Postoloprty), die sie als Kriegsverbrechen und Völkermord bezeichneten.

Das Gerichtsverfahren wurde mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Parlamentskommission, die die Untersuchung des Falls am 30. und 31. Juli 1947 durchführte, empfahl, die Ereignisse in Postoloprty (Postelberg) nach Dekret 115 zu behandeln.

Dazu ein Kommentar von Tomáš Staněk (Verfolgung 1945 ) aus dem Jahr 1998:

„Selbst wenn diese Bewertung einen realen Hintergrund hat und die Stimmung der damaligen Zeit zum Ausdruck bringt, verblüfft darin im Abstand der Zeit die offensichtliche Tendenz, die menschliche Tiefe der Tragödie zu bagatellisieren, die Hunderte von Männern mit ihrem Leben bezahlt haben, und das Maß der Schuld derer zu mindern, die für sie direkt verantwortlich waren.“

Quellen:

Tomáš Staněk: Verfolgung 1945, Wien, Köln, Weimar 2002;

Theodor Schieder (Hg.): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, Bd. IV/I, Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, Bonn 1957;

 

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